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Johnson und von der Leyen machen Brexit-Verhandlungen zu Chefsache

Johnson und von der Leyen machen Brexit-Verhandlungen zu Chefsache

Brexit - Großbritannien tritt aus der Europäischen Union aus

Acht Tage vor dem Ende der Übergangsphase sind die Verhandlungen für ein Handelsabkommen der EU mit Großbritannien nun Chefsache. Nach einem ersten Telefonat zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Großbritanniens Premierminister Boris Johnson am Montagabend wurden die regelmäßigen Spitzengespräche fortgeführt, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus EU-Kreisen erfuhr. Die Verhandlungen auf höchster Ebene drehen sich demnach weiterhin insbesondere um das Thema Fischerei.

Nach Angaben aus EU-Kreisen hoffen London und Brüssel, noch am Mittwoch oder Donnerstag zu einer Einigung zu kommen. Damit bliebe theoretisch genug Zeit, um am 1. Januar in Kraft zu treten. Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion.

Das EU-Parlament hatte bereits angekündigt, die nötige Ratifizierung einer in den nächsten Tagen erzielten Einigung wenn überhaupt erst im Nachhinein vornehmen zu können. Aus EU-Kreisen hieß es, dass es für eine vorläufige Anwendung eine Einigung bis Weihnachten bräuchte. Dies sei denkbar, „aber wie immer ist nichts sicher“. Die Verhandlungen könnten auch nach Weihnachten fortgesetzt werden.

Die problematischen Themen waren seit Monaten faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und der Zugang zu britischen Gewässern für EU-Fischer. Die ersten beiden Punkte sind nach AFP-Informationen mittlerweile so gut wie abgeschlossen. Die Fischerei bleibt demnach der letzte Streitpunkt.

EU-Fischer fangen Meerestiere im Wert von jährlich rund 650 Millionen Euro in britischen Gewässern. Trotz des geringen wirtschaftlichen Gewichts ist der Sektor für Mitgliedstaaten wie Frankreich, die Niederlande, Dänemark und Irland von politischer und sozialer Bedeutung. Auf der anderen Seite ist die Kontrolle über die eigenen Gewässer für viele Briten zum Symbol der durch den Brexit wiedergewonnenen Souveränität geworden.

Im Details geht es in den Verhandlungen um Kürzungen der erlaubten Fangmengen in Großbritanniens Gewässern für EU-Fischer und die Länge einer Übergangszeit für deren Einführung. Die EU lehnte diese Woche ein Angebot Londons ab, das Quotenkürzungen von bis zu 60 Prozent ab Ende einer dreijährigen Übergangszeit vorsah. Brüssels Angebot stand zuvor bei einer Kürzung um nur 25 Prozent und einer Übergangszeit von sechs Jahren.

Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben – mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft. Angesichts der angespannten Lage wegen der Corona-Pandemie rief der staatliche britische Gesundheitsdienst NHS die Regierung auf, die Brexit-Übergangsphase um einen Monat zu verlängern. Dies könnte die bereits überlasteten Krankenhäuser im Land aus der „unmittelbaren Gefahrenzone“ nehmen, erklärte die NHS-Führung in einem Schreiben an Premier Johnson.

Ein Aspekt der Corona-Pandemie hatte zuletzt bereits einen Vorgeschmack auf die Folgen eines chaotischen Brexit geliefert. Wegen einer mutierten Variante des neuartigen Coronavirus, die sich in London und im Süden Englands ausgebreitet hat, erließen viele Länder Grenzschließungen und Einreiseverbote für Menschen aus Großbritannien. Dadurch kam auch der Güterverkehr von der EU nach Großbritannien zeitweise zum Erliegen.

Aus Diplomatenkreisen hieß es allerdings, eine Verlängerung der Übergangsphase sei ausgeschlossen. Die EU und Großbritannien hatten diese Möglichkeit im Austrittsvertrag vorgesehen. Aber London hatte dies im Sommer endgültig abgelehnt. „Wenn man das jetzt machen will, bräuchte es dafür eine neue rechtliche Grundlage, einen neuen völkerrechtlichen Vertrag“, sagte ein EU-Diplomat.

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