Die EU-Staats- und Regierungschefs sollen bei ihrem Gipfel im März den künftigen Kurs gegenüber Russland festlegen. EU-Ratspräsident Charles Michel informierte am Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Telefonat, dass er „eine strategische Debatte“ zum Verhältnis zu Moskau ansetzen wolle. Er forderte von Putin dabei erneut die Freilassung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und sprach von „großer Besorgnis in der EU (…) über die jüngsten Entwicklungen“ in Russland.
Nawalny war am Sonntag nach seiner Rückkehr aus Deutschland in Moskau festgenommen worden. In Berlin war er nach einem Anschlag mit einem Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe im August behandelt worden, für den der Oppositionelle den Kreml verantwortlich macht. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten nach ihrem Video-Gipfel am Donnerstagabend die „sofortige“ Freilassung Nawalnys gefordert. Die EU verlangt demnach auch, dass Russland „dringend“ eine „unabhängige und transparente Untersuchung“ zu dem Giftanschlag auf den Oppositionspolitiker einleitet.
Das Europaparlament hatte am Donnerstag seinerseits weitere Sanktionen wegen des Falls Nawalny gegen Russland gefordert. Zudem verlangten die Abgeordneten einen Baustopp für das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nordstream 2.
Auch einige EU-Länder haben nach Nawalnys Festnahme weitere Sanktionen gefordert. Über die Frage beraten am Montag die EU-Außenminister. Nach dem Giftanschlag hatte die EU gegen sechs mutmaßlich Verantwortliche in Russland Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt. Zudem wurde ein Forschungsinstitut zu Chemiewaffen auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Sanktionen müssen die EU-Mitgliedstaaten einstimmig beschließen.
Das Verhältnis der EU zu Russland ist seit der Ukraine-Krise und der Annexion der Krim schwer belastet. Die EU verhängte eine Reihe von Sanktionen gegen Verantwortliche in Russland und der Ukraine. Zudem beschloss sie Wirtschaftssanktionen. Sie richten sich gegen russische Staatsbanken, den Im- und Export von Rüstungsgütern sowie die Öl- und Gasindustrie.