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Gescheitertes Prestigeprojekt: Chronologie der deutschen Pkw-Maut

Gescheitertes Prestigeprojekt: Chronologie der deutschen Pkw-Maut

Grafik: Fiktive Autobahn mit Mautstelle - dvoevnore via Twenty20

Die geplatzte Pkw-Maut lässt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nicht los. Am Donnerstag muss Scheuer dem Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestags erneut Rede und Antwort stehen. Chronologie eines gescheiterten Prestigeprojekts:

Wahlkampf 2013

Die CSU wirbt unter ihrem damaligen Parteichef Horst Seehofer für die Pkw-Maut für ausländische Autofahrer. Die Forderung verfängt vor allem im Süden des Landes, wo die Bürger für die Fahrt in die Schweiz oder nach Österreich Vignetten kaufen müssen. Das Vorhaben wird schließlich in den Koalitionsvertrag von Union und SPD aufgenommen.

Sommer 2014

Der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stellt die Pläne für eine Pkw-Maut vor. Sie soll von allen Autofahrern bezahlt werden – deutsche Fahrzeughalter sollen später aber bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Auf scharfe Kritik stößt dies im Ausland, unter anderem in Österreich.

Sommer 2015

Nachdem der Bundestag die sogenannte Infrastrukturabgabe abgesegnet hat, tritt das Gesetz am 12. Juni in Kraft. Doch bereits am 18. Juni leitet die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Es gebe „erhebliche Zweifel“ an der Vereinbarkeit mit europäischem Recht. Der für 2016 angepeilte Maut-Start wird verschoben.

September 2016

Die EU-Kommission verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Grund: Die Maut sei „diskriminierend“ für Ausländer.

Dezember 2016

Nach langwierigen Verhandlungen verkündet die Kommission die Einigung auf einen Kompromiss. Einer Diskriminierung vorbeugen soll die Staffelung verschiedener Vignetten und eine günstigere Kurzzeitvignette für ausländische Autofahrer.  

Frühjahr 2017

Nach dem Bundestag gibt auch der Bundesrat grünes Licht für die Änderung des Infrastrukturabgabegesetzes.

Mai 2017

Die EU-Kommission stellt das Vertragsverletzungsverfahren ein. 

Juni 2017

Dobrindt veröffentlicht die Ausschreibungen für Firmen, die die geplante Straßennutzungsgebühr einziehen und Deutschlands Autobahnen kontrollieren sollen. Die Verträge haben eine Laufzeit von zwölf Jahren.

Oktober 2017

Österreich zieht gegen die deutsche „Ausländermaut“ vor den EuGH.

Oktober und Dezember 2018

Dobrindts Nachfolger Scheuer schließt am 22. Oktober mit den Unternehmen MTS Maut & Telematik Services und der Kapsch TrafficCom aus Österreich einen Vertrag über die Mautkontrolle; am 30. Dezember wird der Vertrag mit den Unternehmen AutoTicket, Kapsch und CTS Eventim zur Erhebung der Infrastrukturabgabe besiegelt. 

Februar 2019

Der EuGH-Generalanwalt hält die deutsche Pkw-Maut für rechtmäßig. Der Gerichtshof folgt den Schlussanträgen der Generalanwälte in den meisten Fällen.

18. Juni 2019

Der EuGH kippt die Maut-Pläne überraschend. Noch am selben Abend veranlasst Scheuer die Kündigung von Verträgen. In der Folge entbrennt eine hitzige Debatte über mögliche Schadenersatzforderungen der Unternehmen und die Kosten des gescheiterten Projekts.

28. Juni 2019 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Unionsfraktion nehmen Scheuer in Schutz. Es habe den klaren politischen Auftrag gegeben, „für einen pünktlichen Start der Maut zu sorgen und die Einnahmen zu sichern“.

Oktober 2019 

Die Opposition im Bundestag bringt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf den Weg. Er tritt Mitte Dezember zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. 

Dezember 2019

Die gekündigten Maut-Betreiberfirmen Kapsch und CTS Eventim fordern 560 Millionen Euro vom Bund. Scheuer weist die Forderungen zurück, da die Betreiber ihre „vertraglichen Leistungen nicht erfüllt“ hätten.

13. Februar 2020

Das Bundesverkehrsministerium reicht eine außergerichtliche Schiedsklage gegen die Maut-Betreiber ein. Der Bund will feststellen lassen, dass den Firmen kein Entschädigungsanspruch zusteht.

1. und 2. Oktober 2020

Im Untersuchungsausschuss widersprechen sich Scheuer und die Betreiberfirmen in zentralen Fragen. Während die Unternehmensvertreter aussagen, sie hätten Scheuer bei einem Treffen Ende November 2018 angeboten, die Unterzeichnung der Mautverträge bis zum EuGH-Urteil zu verschieben, sagt Scheuer, dass es seiner Erinnerung nach kein solches Angebot gegeben habe. 

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