Website-Icon Nürnberger Blatt

Höchststrafe für rechtsextremen Mord an Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke

Höchststrafe für rechtsextremen Mord an Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Gut eineinhalb Jahre nach dem rechtsextremen Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main den Täter zur höchstmöglichen Strafe verurteilt. Der Staatsschutzsenat des Gerichts verhängte am Donnerstag lebenslange Haft gegen den Angeklagten Stephan E. und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Auch die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach Haftverbüßung behielten die Richter für den 47-Jährigen vor.

Bei der Tat handle es sich um einen heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen, befand er Senat. E. sei einer „von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit getragenen völkisch-nationalistischen Grundhaltung“ verhaftet, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel. Aufgrund eines Hangs zu Straftaten sei er für die Allgemeinheit gefährlich. Weitere Straftaten seien zu erwarten.

Den Mitangeklagten Markus H. verurteilte das Frankfurter OLG zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz. Er besaß demnach eine Dekowaffe, deren Griffstück nicht ausreichend unbrauchbar gemacht wurde. Vom Vorwurf der psychischen Beihilfe zum Mord an dem wegen seiner öffentlicher Äußerungen im Zuge der Flüchtlingskrise in rechten Kreisen angefeindeten Lübcke sprachen die Richter H. indes frei.

Zugleich sprach das Frankfurter OLG den Hauptangeklagten E. vom Vorwurf des versuchten Mordes an einem irakischen Asylbewerber im Januar 2016 frei, der ebenfalls Bestandteil der Anklage war. E. bestritt, für den Messerangriff verantwortlich zu sein. Der Senat gelangte nach Angaben Sagebiels nicht zu der Auffassung, dass E. die Tat beging. Dessen Aussagen seien nicht widerlegbar.

Lübckes Familie äußerte sich enttäuscht über das Urteil. Vor allem der Freispruch des Mitangeklagten Markus H. vom Vorwurf der Beihilfe sei für die Familie „nicht nachvollziehbar und schwer zu verkraften“, erklärte deren Sprecher Dirk Metz. Zudem blieben auch „zentrale Fragen zum Tatablauf offen“. Über eine etwaige Revision wolle die Familie „in Ruhe“ beraten.

Die Bundesanwaltschaft kündigte dagegen bereits am Donnerstag Revision gegen das Urteil für den mitangeklagten H. sowie die Entscheidung des Gerichts zum Freispruch im Fall des Angriffs auf den Asylbewerber an. Die Bundesanwaltschaft sehe H. als „Teilnehmer dieses Mordgeschehens“ und mache zudem E. verantwortlich für den Übergriff auf den Flüchtling, sagte Oberstaatsanwalt Dieter Killmer in Frankfurt.

Der Senat folgte in seiner Urteilsbegründung den Angaben E.s aus seinem ersten Geständnis vom Juni 2019. Darauf basierte auch in großen Teilen die Anklage. Die Angaben seien glaubhaft, „detailreich, lebhaft und in sich stimmig“, führte Sagebiel aus.

Lediglich seine Verneinung, Lübcke nach dem Schuss berührt zu haben, sei ein Widerspruch. Es sei durchaus möglich, dass er das schlicht vergessen habe, sagte Sagebiel. E. war durch eine DNA-Spur an Lübckes Hemd in den Fokus der Ermittler gerückt.

Den Freispruch H.s für den Vorwurf der Beihilfe begründete der Senat mit „unglaubhaften“ Angaben E.s zur Tatbeteiligung des 44-Jährigen. Ursache dafür seien seine wechselhaften Einlassungen gewesen. Zwei Geständnisse zog er zurück.

Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 tot auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. Mit ihrem Urteil für E. entsprachen die Richter mit Blick auf die Ermordung Lübckes der Forderung der Anklage.

Das etwa siebenmonatige Verfahren war unter anderem geprägt durch zahlreiche Befangenheitsanträge seitens der Verteidigung. In seiner dritten Einlassung vom August gab E. den tödlichen Schuss auf Lübcke erneut zu. Zugleich sagte er aus, dass sein Mitangeklagter H. am Tatort gewesen sei. Dessen Verteidigung bestritt das.

Bereits im Oktober hatte das Gericht den mitangeklagten H. aus der Untersuchungshaft entlassen, weil es eine Beihilfe zum Mord aus Mangel an Beweisen nicht als erwiesen ansah. Die Anklage ging bei ihrem Plädoyer jedoch weiterhin von einer Beihilfe zum Mord aus und forderte neun Jahre und acht Monate Haft.

Die mobile Version verlassen