In der Affäre um ein unter Verschluss gehaltenes Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum Köln hat die für das Papier verantwortliche Kanzlei Kardinal Rainer Maria Woelki scharf kritisiert. Das Gutachten unter Verschluss zu halten, sei ein „Gewaltangriff“, sagte der Münchner Rechtsanwalt Ulrich Wastl der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ laut Vorabmeldung vom Mittwoch. Ein „derartiges Verhalten“ habe seine Kanzlei noch nicht erlebt.
„Kardinal Woelki soll das Gutachten veröffentlichen, dann kann sich jeder ein Bild machen“, sagte Wastl in dem Interview. Transparenz sei die Grundlage dafür, dass Missbrauchsopfer und Kirche „endlich dieses Thema bewältigen“. Viele der Betroffenen könnten nur durch die Nennung von Verantwortlichen Ruhe finden.
Den Vorwurf, dass das Gutachten angeblich äußerungsrechtliche und methodische Mängel enthalte, wies der Anwalt zurück. „Wir haben nicht gepfuscht“, sagte er. Von vermeintlichen Fehlern habe die Kanzlei erst aus einer Pressemitteilung des Erzbistums erfahren. „Mit uns hat nämlich seit Mitte März 2020 niemand mehr persönlich über die Sache gesprochen“, sagte Wastl dem Magazin.
Woelki hatte die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl 2018 mit einem unabhängigen Gutachten zu Missbrauch im Erzbistum Köln beauftragt. Im vergangenen Jahr sollte es veröffentlicht werden. Bis heute hält Woelki die unabhängige Expertise zurück.
Zwischenzeitlich soll der Erzbischof den Betroffenenbeirat seines Erzbistums gedrängt haben, das Gutachten zu diskreditieren. Mittlerweile kündigte Woelki ein neues Gutachten an. Der Kölner Kardinal steht selbst unter Vertuschungsverdacht.