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Corona-Pandemie verstärkt Ungleichheit in Deutschland

Corona-Pandemie verstärkt Ungleichheit in Deutschland

Symbolbild: Coronavirus

Die Corona-Pandemie droht die Lage armer Haushalte in Deutschland zu verschärfen. Die finanziellen Folgen des ersten Lockdowns wirkten sich auf niedrige Einkommensgruppen stärker aus, geht aus einem Datenreport hervor, den mehrere Institutionen am Mittwoch vorstellten. Ärmere Menschen waren demnach auch häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen und konnten seltener im Homeoffice arbeiten, ihre Kinder hatten es im Homeschooling schwerer.

Zwar verzeichneten Haushalte mit höherem Einkommen im ersten Lockdown häufiger Einkommensverluste. Auf Menschen in unteren Einkommensgruppen wirkten sich solche Verluste aber stärker aus. So berichteten für den Zeitraum Ende März bis Anfang Juli fast 20 Prozent der Niedrigverdienenden von finanziellen Problemen. 

Diese Menschen mussten auch häufiger für ihre Arbeit nach draußen und konnten sich nicht im Homeoffice schützen. Insgesamt habe Corona zu einem Boom beim Homeoffice geführt, sagte Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung bei der Vorstellung des Reports. 2018, also vor Corona, hätten nur fünf Prozent der Beschäftigten überwiegend im Homeoffice gearbeitet. Im April 2020 hatte sich diese Zahl auf knapp 30 Prozent fast versechsfacht. 

Allerdings gab es große Unterschiede zwischen den Berufen – die wiederum mit dem Einkommen korrelierten. „Vor allem für Geringverdienende ist Homeoffice keine Option“, sagte Bujard. Von den Berufstätigen mit weniger als tausend Euro Nettoeinkommen arbeiteten etwa Ende März 2020 lediglich 13 Prozent im Homeoffice. Beschäftigte mit einem Einkommen von mehr als 2500 Euro taten dies zu mehr als 40 Prozent.

Anfang Juli waren zudem mehr als zehn Prozent der Niedrigverdienenden in Kurzarbeit. 3,3 Prozent von ihnen hatten ihre Arbeit verloren. Von den Besserverdienenden war fast niemand von Arbeitslosigkeit betroffen, in Kurzarbeit waren damals 8,4 Prozent.

Schlechtere finanzielle Verhältnisse wirkten sich auch auf die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche im Homeschooling aus – etwa weil nicht jedes Kind einen Computer zur Verfügung hatte. Bei einem Haushaltseinkommen von mehr als 5000 Euro monatlich besitzt eine Familie im Schnitt vier Computer, bei einem Einkommen von unter 2000 Euro sind es nur zwei solcher Geräte. 

Die Autoren stellten fest, dass sich Armut in Deutschland verfestigt – auch schon vor Corona. 88 Prozent der im Jahr 2018 von Armut bedrohten Menschen in Deutschland waren schon in den vier Jahren zuvor mindestens einmal unter die Armutsrisikoschwelle gefallen. 44 Prozent bezogen sogar während der gesamten vier Jahre ein so niedriges Einkommen.

20 Jahre zuvor, im Jahr 1998, traf das nur auf 20 Prozent der Armen zu. Die Schwelle liegt dabei bei 60 Prozent des Medianeinkommens. Wer weniger verdient, gilt als von Armut bedroht. 2018 betrug die Grenze für einen Alleinlebenden 1040 Euro monatlich. 

Insgesamt empfinden offenbar immer weniger Deutsche die gesellschaftlichen Verhältnisse als gerecht. Fast drei Viertel der Westdeutschen und mehr als 80 Prozent der Ostdeutschen fanden 2018, dass der Staat für den Abbau von Einkommensunterschieden zuständig sei. Im Jahr 2002 hatte dieser Wert in Westdeutschland noch bei unter 50 Prozent, im Osten bei etwa 75 Prozent gelegen.

Der Datenreport 2021 wurde vom Statistischen Bundesamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung als Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegeben.

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, forderte den Ausbau spezifischer Bildungsangebote für bildungsbenachteiligte Milieus und die Sicherstellung der digitalen Anschlussfähigkeit von armen Familien.

Linken-Chefin Janine Wissler plädierte dafür, Soloselbstständige und Kulturschaffende mit den Coronahilfen besser abzusichern. Zudem müssten der Hartz-IV-Regelsatz und der Mindestlohn angehoben werden.

Für die Grünen forderten Sven Lehmann, Sprecher für Sozialpolitik, und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, die rasche Einführung eines Corona-Zuschusses in der Grundsicherung. Zudem wollen sie Hartz IV durch eine „sanktionsfreie Garantiesicherung“ ersetzen. 

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