Wegen Spionage für China ist ein früher für eine Nato-Einrichtung arbeitender Meereskundler in Estland zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht in Tallinn beschlagnahmte laut Behördenvertretern und Medienberichten vom Freitag außerdem 17.000 Euro bei dem Wissenschaftler Tarmo Kouts. Der Prozess gegen den renommierten Ozeanografen der Technischen Universität Tallinn fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Kouts hatte für das estnische Verteidigungsministerium gearbeitet und gehörte dem wissenschaftlichen Ausschuss des Nato-Unterwasserforschunszentrums in Italien an. Die Einrichtung hilft mit ihren Forschungen, den Einsatz von Kriegsschiffen und U-Booten der Nato zu optimieren.
Ein Vertreter der Nato wollte sich nicht zu Kouts‘ Verurteilung äußern. „Wir kommentieren Geheimdienstangelegenheiten nicht“, sagte er zu den Berichten. Auch eine Gerichtssprecherin war nicht zu einer Stellungnahme bereit. Laut dem im Amtsblatt veröffentlichten Urteil wurde der 57-jährige Wissenschaftler wegen Spionage und „Mitgliedschaft in verfassungswidrigen Organisationen für Aktivitäten gegen die estnische Republik“ verurteilt.
Der stellvertretende Direktor der estnischen Behörde für innere Sicherheit, Aleksander Toots, sagte der Website „The Daily Beast“ und dem estnischen Nachrichtenportal „Delfi“, Kouts habe sich 2018 vom chinesischen Geheimdienst aus Gründen wie Geld und Geltungssucht anheuern lassen. Als Tarnung habe ein Politikinstitut gedient. Bis Kouts im September 2020 festgenommen worden sei, habe er aber keine Staats- oder Nato-Geheimnisse weitergegeben.
Mit Kouts wurde eine weitere verdächtige Person festgenommen, gegen die aber noch kein Urteil gefallen ist.
Der estnische Auslandsgeheimdienst hatte vergangenen Monat einen Bericht veröffentlicht, in dem er China als wachsende Bedrohung bezeichnete. Die Volksrepublik agiere mithilfe von Politikinstituten und wolle unter anderem in der Ozeanografie weltweit führend werden, hieß es. In der Vergangenheit hatten dem EU- und Nato-Mitglied Estland insbesondere Spionageaktivitäten des großen Nachbarn Russland Sorgen bereitet.