Intensivmediziner fordern angesichts der steigenden Corona-Zahlen einen harten Lockdown für zwei oder drei Wochen. „Das wird zahlreiche Menschenleben retten und noch viel mehr vor lebenslangen Langzeitfolgen durch Covid bewahren“, erklärte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, am Sonntag. Er warnte: „Wir rennen sehenden Auges ins Verderben.“
Laut DIVI-Intensivregister sind deutschlandweit noch 1644 Betten auf Intensivstationen für Corona-Patienten frei. Seit dem 10. März sei die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten von 2727 auf 3448 hochgeschnellt, teilte die Vereinigung mit. „Diese Zahl wird die kommenden zweieinhalb Wochen weiter exponentiell wachsen, egal was wir jetzt tun“, erklärte Christian Karagiannidis, der medizinisch-wissenschaftliche Leiter des DIVI-Intensivregisters. Bei mehr als 5000 COVID-19-Patienten werde es wirklich langsam kritisch. „Das heißt, es muss jetzt etwas passieren.“
Sein Kollege Steffen Weber-Carstens sagte, die Bevölkerung habe zwischen Weihnachten und Anfang Januar gar nicht mitbekommen, wie knapp es gewesen sei. Zahlreiche Patienten seien aus dem Osten oder der Mitte Deutschlands nach Norden geflogen worden. Diese Woche habe er bereits wieder Anfragen für überregionale Verlegungen bekommen.
An einem harten Lockdown für zwei bis drei Wochen führe kein Weg vorbei, so Karagiannidis. „Die Frage ist nur, wann dieser ausgelöst wird.“ Bis auf mehr als 4500 Patienten auf den Intensivstationen werde es auf jeden Fall wieder hochgehen. „Wird dann ein harter Lockdown beschlossen, schaffen wir es bei knapp über 5000 die Kurve wieder zu senken.“ Werde aber länger gewartet, würden mehr als 6000 Menschen mit Covid-19 auf den Intensivstationen liegen. „Ob wir das packen, wage ich zu bezweifeln“, erklärte der Intensivmediziner.
DIVI-Präsident Marx plädierte für einen harten Lockdown über die Osterferien. „Und dann können wir bei deutlich niedrigeren Inzidenzen mit Schnelltests, PCR-Tests, Impfungen und Apps wieder öffentliches Leben zulassen“, erklärte er. Jeder Patient, der nicht auf die Intensivstation müsse, sei die Anstrengung wert. „Unsere Patienten sind gezeichnet fürs Leben“, betonte er.