Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, hält bei steigenden Impfstofflieferungen eine langsame Abkehr von der bisherigen Priorisierungsliste für sinnvoll. „Die Priorisierung war und ist eine gute Leitlinie für die Ärztinnen und Ärzte, solange der Impfstoff noch in geringen Mengen verfügbar ist“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstagsausgabe). „Allerdings werden wir bald nicht mehr so sehr auf Zahlen, sondern zunehmend auf die Gesundheit der Menschen schauen müssen.“
Bisher ist vor allem das Alter ein zentrales Kriterium bei der Impfreihenfolge. Nur besonders schwerwiegende Vorerkrankungen werden berücksichtigt. Zudem werden bestimmte Berufsgruppen wie Rettungssanitäter oder Erzieherinnen früher geimpft.
„Ein Mann von 69 Jahren mit Hypertonus und Diabetes sollte vielleicht eher die Impfung erhalten als eine 72-jährige Triathletin“, sagte Weigeldt der „Rheinischen Post“. Sobald die vorhandene Impfstoffmenge ein bestimmtes Maß überschritten habe, müsse es zudem darum gehen, schnellstmöglich alle Impfwilligen zu immunisieren.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprach sich dafür aus, alle vorhandenen Impfstoffdosen für Erstimpfungen zu verwenden. „Angesichts der steigenden Neuinfektionszahlen sollten wir die Reservekapazitäten für die Zweitdosen weitgehend auflösen und diese sofort verimpfen“, sagte er der Zeitung.
Ab Ende April würden angesichts der vom Bund zugesagten Liefermengen ausreichend Kapazitäten für die Zweitimpfungen zur Verfügung stehen, argumentierte Reinhardt. Es müsse allerdings sichergestellt sein, dass die zugesagten Mengen auch wirklich geliefert würden.
Studien hätten gezeigt, „dass der zeitliche Abstand für die Zweitimpfung ohne Nachteile ausgeschöpft werden kann und bereits nach der ersten Dosis eine gute Schutzwirkung vorhanden ist“, führte Reinhardt aus. „Davon sollten jetzt möglichst viele Menschen profitieren. Das ist wesentlich, um die dritte Infektionswelle zu brechen.“