Die verbleibenden Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Ost- und Westdeutschland konzentrieren sich laut einer neuen Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB) auf Männer der Wendegeneration. „Bis heute sind die Sterberaten im Zusammenhang mit Todesursachen, die auf einen gesteigerten Alkoholkonsum und Rauchen zurückzuführen sind, bei den Männern dieser Generation vergleichsweise hoch“, erklärte Studienmitautor Michael Mühlichen am Mittwoch in Wiesbaden.
Zum Zeitpunkt der Deutschen Wiedervereinigung hatte es noch einen erheblichen Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Ost- und Westdeutschland gegeben. So war die Lebenserwartung von ostdeutschen Männern 3,4 Jahre niedriger als im Westen, bei Frauen betrug der Unterschied 2,7 Jahre.
Über die Jahrzehnte konnten insbesondere bei älteren Menschen in Ostdeutschland Fortschritte erzielt werden, wie das BIB erklärte. So beträgt der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen ost- und westdeutschen Männern heute noch rund ein Jahr und zwei Monate. Bei Frauen glich sich der Wert komplett an.
Besonders betroffen von der unterschiedlichen Lebenserwartung bei Männern ist die sogenannte Wendegeneration, jene Menschen also, die zwischen 1950 und 1970 geboren wurden. Diese Generation habe den Umbruch in dem für das Berufs- und Familienleben besonders wichtigen frühen Erwachsenenalter erlebt, schrieben die Forscher. Nach 1970 geborene Männer, die zur Zeit der Wende noch nicht im Arbeitsmarkt waren, zeigten in ihrer Lebenserwartung hingegen kaum Unterschiede zu westdeutschen Männern.
Ob sich die Lebenserwartung in Ost- und Westdeutschland weiter angleichen wird, ist allerdings fraglich. „Ostdeutschland liegt etwa bei der Arbeitslosigkeit und den Einkommen weiterhin zurück“, erklärte der Leiter der Forschungsgruppe Mortalität beim BIB, Pavel Grigoriev. „Diese Aspekte können tendenziell zu einem ungesünderen Lebensstil beitragen.“
Studien zeigten außerdem, dass junge Frauen in Ostdeutschland häufiger rauchten als Frauen in Westdeutschland. Die Ost-West-Unterschiede in der Lebenserwartung könnten deshalb in der Zukunft sogar wieder zunehmen. „Allgemein könnten die Folgen der Teilung deutlich länger in Ost-West-Differenzen bei der Sterblichkeit sichtbar sein, als die Teilung insgesamt dauerte“, erklärte Grigoriev.