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Russisches Gericht ordnet Tätigkeitssperre von Nawalny-Organisationen an

Russisches Gericht ordnet Tätigkeitssperre von Nawalny-Organisationen an

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Ein russisches Gericht hat ein vorläufiges Tätigkeitsverbot für die Organisationen des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny verhängt. „Die Aktivitäten des Nawalny-Büros und der Anti-Korruptionsstiftung FBK wurden mit sofortiger Wirkung ausgesetzt“, schrieb FBK-Direktor Iwan Schdanow im Onlinedienst Twitter am Montag. Das Gericht sei damit einem Antrag der russischen Staatsanwaltschaft gefolgt, die in einer weiteren Entscheidung die Nawalny-Organisationen als „extremistisch“ einstufen und damit komplett verbieten lassen will. Die Bundesregierung kritisierte das Vorgehen der russischen Justiz scharf.

Das Moskauer Gericht verhängte nun zunächst die Arbeitssperre für die Nawalny-Organisationen. Ob diese „extremistisch“ seien, müsse aber noch entschieden werden. In diesem Verfahren fand am Montag eine Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, am Donnerstag ist eine weitere geplant.

Derzeit stehen 33 Organisationen auf der russischen Liste extremistischer Organisationen. Nawalnys FBK-Stiftung würde sich bei einer Verurteilung neben Gruppen wie der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat oder dem Terrornetzwerk Al-Kaida wiederfinden. Ihr wäre die Arbeit in Russland untersagt und Aktivisten müssten bei Zuwiderhandlung mit langen Haftstrafen rechnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte das Vorgehen der russischen Justiz laut ihrem Sprecher Steffen Seibert deutlich. „Mit Mitteln der Terrorbekämpfung gegen unliebsame Meinungen vorzugehen, das ist mit rechtsstaatlichen Prinzipien in keiner Weise vereinbar“, sagte Seibert. Die Bundesregierung wolle das Hauptverfahren abwarten und sich dann erneut mit den europäischen Partnern beraten. Grundsätzlich gelte, „dass Herr Nawalny freigelassen gehört“.

Nawalnys Büro in Moskau teilte mit, die Gruppe könne aufgrund der Gerichtsentscheidung schon jetzt „nicht mehr arbeiten“. Es sei „zu gefährlich für unsere Angestellten und Unterstützer“. Die Gruppe wolle den Kampf gegen Korruption, gegen die Partei Geeintes Russland und Präsident Wladimir Putin im Rahmen ihrer „persönlichen Möglichkeiten“ fortsetzen. „Es wird nicht einfach sein zu kämpfen, aber wir werden gewinnen, denn wir sind viele und wir sind stark.“

Nawalny ist einer der prominentesten russischen Oppositionspolitiker und erbitterter Widersacher von Präsident Wladimir Putin. Seine Stiftung deckte in den vergangenen Jahren immer wieder Fälle von Korruption auf. Zuletzt machte sie im Januar Schlagzeilen mit einem Bericht über ein riesiges Luxus-Anwesen am Schwarzen Meer, das Putin gehören soll.

Der Bericht befeuerte maßgeblich die Massenproteste gegen die Regierung im Januar, die von den nun betroffenen FBK-Regionalbüros mitorganisiert worden waren. Die Regionalbüros spielen auch bei der Wahlstrategie der Nawalny-Organisation eine große Rolle, in jeder russischen Region für den Kandidaten zu werben, der die besten Chancen gegen den Kreml-Kandidaten hat. Nawalny hatte zuletzt Hoffnungen auf die Parlamentswahlen im September gesetzt.

Seit dem Extremismus-Verfahren gegen FBK haben mehrere Unterstützer des Oppositionellen öffentlich verkündet, dass sie die Organisation verlassen würden. Anfang des Monats war der FBK-Kameramann Pawel Selenskyj zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die meisten wichtigen Nawalny-Vertrauten haben entweder das Land verlassen oder stehen unter Hausarrest.

Im vergangenen August hatte Nawalny einen Anschlag in Russland mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok überlebt. Nach dem Anschlag, für den Nawalny den Kreml verantwortlich macht, wurde er nach Deutschland gebracht und in der Berliner Charité behandelt.

Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Russland im Januar wurde der 44-Jährige festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt. Dort war er aus Protest gegen die Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten und schwebte nach Angaben seiner Unterstützer zwischenzeitlich in Lebensgefahr.

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