Die britische Variante des Coronavirus führt zwei Studien zufolge nicht zu schwereren Covid-19-Erkrankungen als andere Mutanten. Die am Dienstag veröffentlichten Forschungsergebnisse bestätigen hingegen, dass die in Europa inzwischen weit verbreitete Variante B.1.1.7 deutlich ansteckender ist als die Ursprungsvariante des Coronavirus. Frühere Studien deuteten auf ein höheres Sterberisiko im Zusammenhang mit der britischen Virusvariante hin.
Laut den beiden Studien, die in den Fachmagazinen „The Lancet Infectious Diseases“ und „The Lancet Public Health“ veröffentlicht wurden, wurden keine Beweise dafür gefunden, dass Menschen mit einer B.1.1.7-Infektion schwerere Symptome entwickeln oder ein höheres Risiko langwieriger Covid-19-Erkrankungen tragen als Patienten mit anderen Coronavirus-Varianten. Die Forschungen ergaben allerdings eine höhere Viruslast und eine höhere Reproduktionsrate als bei normalen Virusvarianten.
Für die erste Studie wurden Daten von 341 Patienten untersucht, die Ende vergangenen Jahres positiv getestet wurden, als sich die britische Variante in Südengland rasend schnell verbreitete. Bei 58 Prozent von ihnen wurde die Variante B.1.1.7 nachgewiesen. Aus dieser Gruppe wurden 36 Prozent schwer krank oder starben – in der Gruppe der nicht mit dieser Variante infizierten Patienten waren es 38 Prozent. Dies deute darauf hin, dass es keinen Zusammenhang zwischen B.1.1.7 und einem erhöhten Risiko einer schweren Infektion gebe.
Den Studiendaten zufolge waren Patienten mit der britischen Variante tendenziell jünger, zudem gab es mehr Infektionen mit B.1.1.7 unter Angehörigen ethnischer Minderheiten.
Die Autoren untersuchten anhand der Ergebnisse von PCR-Tests auch die Übertragbarkeit. Demnach wiesen Proben mit der Variante B.1.1.7 eine höhere Viruslast auf als Abstriche ohne die britische Variante.
Drei Wissenschaftler des Nationalen Zentrums für Infektionskrankheiten in Singapur erklärten, dass die Studie drei früheren Untersuchungen widerspreche, denen zufolge die britische Variante tödlicher sei als andere. Vorteil dieser Studie sei jedoch, dass sie sich auf die Sequenzierung ganzer Genome und eine große Bandbreite an Patienten und Krankheitsfällen stütze. Die Ergebnisse seien „beruhigend“, müssten aber durch umfassendere Untersuchungen bestätigt werden, forderten Sean Wei Xiang Ong, Barnaby Edward Young und David Chien Lye, die nicht an der aktuellen Studie beteiligt waren.
Die zweite am Dienstag veröffentlichte Studie basiert auf Daten von 36.920 Briten, die zwischen dem 28. September und 27. Dezember 2020 positiv auf Corona getestet wurden und eine App zu Covid-19-Symptomen nutzten. Demnach war die Reproduktionsrate bei Infizierten mit der Variante B.1.1.7 um 1,35 mal höher als bei anderen Infizierten. Auch hier gab es keine Hinweise auf schwerere Erkrankungen durch die britische Virusvariante.