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EuGH ordnet sofortigen Förderstopp im polnischen Braunkohletagebau Turów an

EuGH ordnet sofortigen Förderstopp im polnischen Braunkohletagebau Turów an

EuGH/Justizia

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat einen sofortigen Förderstopp im polnischen Braunkohletagebau Turów angeordnet. Es sei „ausreichend wahrscheinlich“, dass der Ausbau des Tagebaus „negative Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel“ im benachbarten Tschechien habe, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten einstweiligen Anordnung des EuGH. Polen habe zudem nicht ausreichend nachweisen können, dass ein Förderstopp die Schließung des Kraftwerks sowie Stromausfälle nach sich ziehe. (Az. C-121/21 R)

In Turów wird seit 1904 Kohle abgebaut. Der polnische Energiekonzern PGE, mehrheitlich im Staatsbesitz, will den Abbau bis 2044 verlängern. Dafür soll der Tagebau um fünf Quadratkilometer erweitert und auf bis zu 330 Meter vertieft werden.

Das polnische Umweltministerium hatte die Betriebserlaubnis im März 2020 um sechs Jahre verlängert. Die EU-Kommission kritisierte im Dezember, Polen habe die Umweltfolgen unterschätzt und seine Nachbarn falsch informiert. Tschechien beschloss im Februar zu klagen: Polen habe gegen die EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Prüfung der Umweltverträglichkeit verstoßen.

Tschechien begrüßte nun den Stopp bis zur finalen Gerichtsentscheidung, Umweltminister Richard Brabec sprach vom „ersten großen Sieg“ im Fall Turów. Aus Polen kam hingegen erwartungsgemäß Kritik, das Land hängt noch immer stark vom Kohlestrom ab. Er frage sich, was mit der Mine und den Arbeitern geschehen soll, erklärte Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk und beklagte ein von „Ideologie“ getriebenes Urteil.

Auch Sachsen befürchtet Umweltschäden durch eine Erweiterung des Tagebaus. Im März war diskutiert worden, ob die Bundesregierung sich deshalb als sogenannter Streithelfer der Klage anschließt.

Die aus Sachsen stammende Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini begrüßte das EuGH-Urteil als „richtungsweisende und gute Nachricht“. Mit der Entscheidung zeige sich, dass die Kommission „schon längst hätte ein Vertragsverletzungsverfahren auf den Weg bringen müssen“.

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