Die bekannte Redewendung „schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“ spiegelt die nicht nur in Journalistenkreisen weit verbreitete Intuition wider, dass sich mit negativen Nachrichten mehr Zeitungen verkaufen und in den Online-Medien bessere Einnahmen erzielen lassen als mit positiven Nachrichten. Der tatsächliche Zusammenhang von Negativität und Nachrichtenkonsum ist jedoch bislang weitgehend unklar.
Ein internationales Wissenschaftlerteam um Nicolas Pröllochs von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und Claire E. Robertson von der New York University (NYU) haben in einer aktuellen Studie den Einfluss von negativen Formulierungen auf die Klickraten von Online-Nachrichten untersucht.
105.000 unterschiedliche Nachrichtenüberschriften untersucht
Um den Einfluss von negativer Sprache auf den Nachrichtenkonsum im Internet zu untersuchen, analysierte das Forscherteam einen einzigartigen Nachrichtendatensatz der einflussreichen US-Nachrichtenwebsite „Upworthy.com“. Für jeden veröffentlichten Artikel testete „Upworthy.com“ in randomisierten Kontrollstudien mehrere Formulierungsvarianten für die Überschrift und zeichnete die zugehörigen Klickraten auf. Der untersuchte Datensatz bestand aus mehr als 105.000 unterschiedlichen Nachrichtenüberschriften, die mehr als 370 Millionen Internetnutzer erreicht haben. Anhand dieser Daten konnten die Forscher die Wirkung von negativen und positiven Worten auf die Klickraten von Nachrichtenüberschriften untersuchen.
Negative Worte führen zu höheren Klickraten
„Unsere aktuelle Studie liefert kausale Evidenz, dass negative Worte in Nachrichtenüberschriften zu höheren Klickraten führten beziehungsweise dass positive Worte die Klickrate verringerten“, sagt Pröllochs. Die Zahlen sprechen dabei eine deutliche Sprache: „Bei einer durchschnittlichen Nachrichtenüberschrift erhöhte jedes zusätzliche negative Wort die Klickrate um 2,3 Prozent“, so der Experte. Dies impliziere, dass die Nutzung einer negativeren Formulierung in der Überschrift die Klickrate für ein und dieselbe Nachricht signifikant erhöhte.
Studie zeigt Verhaltensmuster auf
Die Ergebnisse der Studie tragen auch dazu bei, besser zu verstehen, warum Nutzer Nachrichten im Internet konsumieren. Ein differenziertes Verständnis der zugrundeliegenden Verhaltensmuster ist insbesondere in einer Zeit wichtig, in der sich Falschinformationen, Fake News und Verschwörungstheorien zunehmend im Internet ausbreiten. Auf der einen Seite profitieren Verlage und Nachrichten-Websites von Negativität in Form erhöhter Klickraten – und generieren damit höhere Einnahmen. Auf der anderen Seite ist es denkbar, dass Menschen sich – vielleicht unbeabsichtigt – selektiv diesen negativen Nachrichten aussetzen.