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Online-Glücksspiel: Kein Hobby wie jedes andere auch

Online-Glücksspiel: Kein Hobby wie jedes andere auch

Würfel

Online-Glücksspiele werden im Alltag immer sichtbarer – durch Werbung, Sponsoring oder verschiedene Medienkanäle. In der Folge könnte sich auch die Zahl der Menschen mit Spielproblemen erhöhen. Die Forschenden der Universität Hohenheim stellen eine wachsende Normalisierung von Glücksspiel fest. „Durch die allgegenwärtige Werbung werden auch Kinder und Jugendliche schon früh an das Thema herangeführt. Als Erwachsene könnte es für sie selbstverständlich sein, zum Beispiel an Sportwetten teilzunehmen“, glaubt Steffen Otterbach.

Die Digitalisierung hält in allen Bereichen des täglichen Lebens Einzug, so auch beim Glücksspiel. Durch den Mitte 2021 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag können Anbieter von Online-Glücksspielen, wie beispielsweise Online-Sportwetten oder virtuelle Automatenspiele, unter gewissen Auflagen eine Erlaubnis zum Veranstalten dieser Spiele erhalten.

Ein erklärtes Ziel des Glücksspielstaatsvertrags ist es zwar, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern sowie die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Zugleich wurde aber auch Werbung für Glücksspiele und Wetten vermehrt zugelassen.

Normalisierung von Online-Sportwetten

„Nicht nur in den sozialen Medien ist Werbung für Glücksspiele und insbesondere für Online-Sportwetten sehr präsent“, hat Otterbach beobachtet. Letztendlich mündet die starke Präsenz in verschiedenen Medienkanälen nach Einschätzung des Experten in eine gewisse Normalisierung: „Die ständige Verknüpfung beispielsweise von Fußballspielen mit der Sportwette führt dazu, dass es irgendwann selbstverständlich geworden ist zu wetten.“

„Zudem führt eine laufende Wette zu einem noch stärkeren Kick beim Mitfiebern mit der eigenen Mannschaft und zu einer stärkeren emotionalen Beteiligung der Wettenden. Auf lange Sicht können Glücksspiele so als etwas ganz Alltägliches, als eine Art Freizeitbeschäftigung wie jede andere auch wahrgenommen werden“, so Otterbach weiter.

Glücksspiel-Werbung in sozialen Medien gefährdet junge Menschen

Eine Gruppe ist durch diese Normalisierung besonders gefährdet: Kinder und Jugendliche. So zeigte eine Untersuchung von Raffaello Rossi von der Universität Bristol, dass in Großbritannien Glücksspielwerbung auf Twitter für Kinder und Jugendliche stark und deutlich ansprechender ist als für Erwachsene. Besonders E-Sport-Wetten und Content Marketing sind besonders attraktiv und lösen bei unter 25-Jährigen starke positive Emotionen hervor.

„Zwar ist die Teilnahme an Glücksspielen in Deutschland erst ab 18 Jahren erlaubt, dennoch begegnet Kindern und Jugendlichen in den sozialen Medien ein hohes Maß an Werbung dafür“, weiß Andrea Wöhr, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstelle. „Influencer vermitteln ihren Followern, dass Glücksspiel ein völlig harmloses und Spaß bringendes Hobby ist.“ Nicht immer sei diese Form der Werbung mit Warnhinweisen oder Hinweisen zur Altersbegrenzung versehen. Jugendliche würden so schon früh mit Glücksspielen und Sportwetten vertraut gemacht.

Neue Herausforderungen für Anbieter, Wissenschaft und Politik

Das besondere Risiko gehe zudem von dem niederschwelligen und immer verfügbaren Angebot aus: „Online-Glücksspiele kann man rund um die Uhr immer und überall spielen“, so Otterbach. Dies stellt Anbieter, Wissenschaft und Politik vor neue Herausforderungen. So ist unter anderem ein besonderer Schutz der Spielenden wichtig. Denn im Internet gibt es weniger soziale Kontrolle über das Spielverhalten von Einzelnen als beim Spielen vor Ort „Durch algorithmenbasierte Systeme kann auffälliges Verhalten frühzeitig erkannt werden“, führt Otterbach weiter aus. „Beim Online-Glücksspiel kann das Spielverhalten sehr genau beobachtet und ausgewertet werden, weil sämtliche Aktivitäten der Spielenden mitprotokolliert werden.“

Über eine trainierte Software sollen auffällige Spielende identifiziert und den Anbietern gemeldet werden, um dann entsprechende Maßnahmen bis hin zur Spielersperre treffen zu können. Otterbach: „Hier ist die Wissenschaft gefragt, die dahinterliegenden Algorithmen aktuell zu halten und ständig zu optimieren, so dass niemand durchs Raster fällt, aber auch nicht unnötig gesperrt wird“.

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