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Hintergrund zur Reform: Putins neue Verfassung – Mehr Macht dem Präsidenten

Hintergrund zur Reform: Putins neue Verfassung – Mehr Macht dem Präsidenten

Vladimir Putin bei einer Pressekonferenz

Von Wladiwostok ganz im Osten des Landes über Moskau bis zur Enklave Kaliningrad im Westen stimmen die Russen seit Donnerstag über eine neue Verfassung ab. Sie soll Präsident Wladimir Putin zwei weitere Amtszeiten bis zum Jahr 2036 ermöglichen. Ein Überblick über die einzelnen Punkte der umstrittenen Reformvorschläge:

WEITERE AMTSZEITEN

Bisher ermöglicht die russische Verfassung dem Staatsoberhaupt nur zwei Amtszeiten in Folge. Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung würden die bisherigen Amtszeiten jedoch nicht mehr gezählt; Putin könnte bei den Präsidentschaftswahlen 2024 und 2030 erneut antreten und damit bis 2036 im Amt bleiben. Dann wäre er 83 Jahre alt. Seine erste Amtszeit als Präsident trat Putin im Jahr 2000 an. Zwischendurch amtierte er vier Jahre als Ministerpräsident, um sich dann 2012 und 2018 erneut zum Staatschef wählen zu lassen. Seine jetzige Amtszeit geht bis 2024.

MEHR MACHT FÜR DEN PRÄSIDENTEN

Das Staatsoberhaupt soll mit der neuen Verfassung das Recht der Parlamentsauflösung bekommen, wenn ein von ihm nominierter Minister dreimal durch die Abgeordnetenabstimmung fällt. Dem Präsidenten soll außerdem ein größeres Mitspracherecht bei der Arbeit der Judikative zustehen, unter anderem dürfte er Richter entlassen und ernennen. Die Reform stärkt auch die Rolle des Staatsrats, der gegenwärtig nur mit beratenden Aufgaben betraut ist. 

KONSERVATIVE INHALTE STÄRKEN

Trotz der langen Geschichte Russlands als säkularer Staat soll der „Gottesglauben“ in der Verfassung verankert werden. Zudem soll die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau festgeschrieben werden, was homosexuelle Ehen effektiv verbietet. Die Änderungen zielen auch darauf ab, die „historische Wahrheit“ über die Rolle des Landes im Zweiten Weltkrieg zu schützen und das Andenken an „die Verteidiger des Vaterlandes“ zu ehren. Putin hatte dem Westen zuletzt vermehrt vorgeworfen, Russland zu „beleidigen“, indem dieser die Rolle der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg herunterspiele.

SICHERUNG DES TERRITORIUMS

Der neue Wortlaut der Verfassung untersagt die Abgabe von russischem Territorium. Demnach sind auch alle Aufrufe zu einem solchen Schritt verboten. Diese Änderung würde sicherstellen, dass Russland die 2014 von der Ukraine annektierte Krim oder die Kurilen – seit Jahrzehnten ein Konflikt mit Japan – behält. 

ZUSICHERUNGEN ZUM SOZIALSTAAT

Mit der Garantie eines Mindestlohns über dem Existenzminimum und der Anpassung der Renten an die Inflation will Putin Kritikern zufolge seine Popularität steigern. Außerdem sollen die Grundsätze der „Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Generationen“ in der neuen Verfassung festgeschrieben werden. Damit soll die Stabilität des Rentensystems gewährleistet werden. 

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