EU-Innenkommissarin Ylva Johansson setzt bei der geplanten Asylreform auf den Pragmatismus der EU-Partner. „Wir sollten die Migrationspolitik nicht dramatisieren“, sagte Johansson der Nachrichtenagentur AFP. Einige Migranten seien zwar in einer dramatischen Lage, aber für eine Lösung „müssen wir eine nüchterne Diskussion führen und pragmatisch sein“. Dass es „verpflichtende Solidarität“ zwischen den EU-Ländern geben müsse, stehe allerdings außer Frage.
Die EU-Kommission will am Mittwoch ihre mehrfach verschobenen Pläne für eine Reform der Asyl- und Migrationspolitik vorlegen. Alle derartigen Versuche waren in den vergangenen Jahren an der Frage der Verteilung von Flüchtlingen gescheitert. Insbesondere osteuropäische Regierungen lehnen es kategorisch ab, Migranten aufzunehmen, um Hauptankunftsländer an den EU-Außengrenzen wie Griechenland oder Italien zu entlasten.
Johansson will die Mitgliedstaaten nun zur Solidarität verpflichten. „Es ist für jeden offensichtlich, dass Ad-hoc-Solidarität oder freiwillige Solidität nicht ausreichen“, sagte die Schwedin. Das habe sich seit vielen Jahren gezeigt. „Es muss obligatorisch sein, alle Mitgliedsstaaten müssen helfen, wenn es eine Situation gibt, in der ein Mitgliedstaat unter Druck steht.“
Dabei gehe es nicht nur um die Aufnahme von Flüchtlingen. Mitgliedstaaten könnten auch auf andere Weise helfen, „zum Beispiel bei der Rückführung“ nicht anerkannter Asylbewerber in ihre Heimatländer. Seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 gab es immer wieder Überlegungen, es Mitgliedstaaten zu ermöglichen sich etwa durch finanzielle Beiträge oder die Entsendung von Polizisten oder Asylexperten zu beteiligen – bisher ohne Erfolg.
Johansson hofft nun auch im Nachgang der Brandkatastrophe im umstrittenen Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, dass Bewegung in die Debatte kommt: „Hoffen wir, dass aus diesem Feuer etwas Gutes hervorgehen kann.“ Dafür müssten alle verstehen, „dass jetzt die Zeit gekommen ist, eine gemeinsame europäische Migrations- und Asylpolitik zu finden“.
Sie sei „optimistisch“, dass auch Länder wie Polen und Ungarn ihrem Vorschlag am Ende zustimmen. Sie habe versucht, alle nationalen Sichtweisen einfließen zu lassen. Deshalb werde sich voraussichtlich zwar niemand als Gewinner in der Migrationsdebatte fühlen, sagte die Innenkommissarin. Aber „hoffentlich erkennen alle, dass dies ein angemessener Kompromiss ist, der akzeptiert werden könnte“.