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Die AfD will in Kalkar ihr erstes Rentenkonzept beschließen

Die AfD will in Kalkar ihr erstes Rentenkonzept beschließen

Rentner

Das Thema Rente ist die große Leerstelle der 2013 gegründeten AfD. Auf ihrem Parteitag in Kalkar wollen die Rechtspopulisten Antwort auf die Frage geben, wie sie die Alterssicherung der Zukunft sehen. Die Einigung auf einen Leitantrag des Bundesvorstands erfolgte nach langem Streit. Der Antrag ist geprägt von dem Versuch, grundlegend gegensätzliche Positionen von AfD-Chef Jörg Meuthen und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke zusammenzubringen.

Meuthen befürwortet eigentlich ein kapitalgedecktes Modell und die Abschaffung der bisherigen umlagefinanzierten Rente. Eine steuerfinanzierte Mindestrente soll knapp das Existenzniveau sichern, für eine auskömmliche Rente sollen die Bürger privat vorsorgen. 

Ein 2018 von Höcke vorgestelltes Modell sah dagegen sogar den Ausbau der gesetzlichen Rente vor, dazu eine „Staatsbürgerrente“ für Menschen mit niedrigen Altersbezügen – diese Extrarente sollte allerdings nur erhalten, wer einen deutschen Pass besitzt.

Beide Seiten verständigten sich schließlich auf den Text des Leitantrags, der auf dem Parteitag zur Abstimmung steht. Auf radikale Positionen wird darin weitgehend verzichtet. Die AfD kritisiert, dass „in absehbarer Zeit die Funktionsfähigkeit großer Teile unseres Sozialstaats in Gefahr“ sei. Insbesondere die Rentenversicherung sei „dringend reformbedürftig“, Zuwanderung „keine Lösung“. 

An konkreten Maßnahmen fordert die AfD „Freiheit beim Renteneintritt“. Jeder solle individuell über das Ende seines Arbeitslebens entscheiden und entsprechend mehr oder weniger Rente beziehen. Geringverdiener sollen gegenüber Arbeitslosen bei der Rente dadurch bessergestellt werden, dass „nur 25 Prozent der Altersrente auf die Grundsicherung“ angerechnet werden. Eltern sollen für jedes Kind 20.000 Euro ihrer Beiträge aus Steuermitteln erstattet bekommen. 

Zudem solle der Staat „pro geborenem Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und Lebensmittelpunkt in Deutschland“ eine zusätzliche Einzahlung von monatlich 100 Euro bis zum 18. Lebensjahr „in die Spardepots der jeweiligen Kinder tätigen“. 

Politiker und Selbstständige sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, außerdem der Großteil der neu eingestellten Beamten – mit Ausnahme von Bundeswehr, Polizei, Zoll, Finanzverwaltung und Justiz.

Ein Antrag des sozialpolitischen Sprechers der AfD-Bundestagsfraktion, René Springer, fordert „Pilotprojekte“ zur Erprobung neuer sozialer Sicherungsmodelle „wie Staatsbürgergeld, negative Einkommensteuer und andere Grundeinkommensmodelle“. Eine nicht im Antrag enthaltene Modellrechnung Springers legt ein „Staatsbürgergeld“ von monatlich 500 Euro „für jeden deutschen Staatsbürger“ von der Geburt bis zum Tod zugrunde. 

Berufstätige sollen dies in Form einer Steuergutschrift erhalten und somit bei der Einkommensteuer entlastet werden – das Modell einer „negativen Einkommensteuer“. In Deutschland lebende Ausländer sollen erst dann Anspruch auf das „Staatsbürgergeld“ haben, wenn sie hierzulande zehn Jahre lang steuerpflichtige Einkünfte erzielt haben. Zugleich spricht sich Springer für einen fixen Steuersatz von 25 Prozent für alle Einkommen bis 250.000 Euro im Jahr und 50 Prozent für höhere Einkünfte aus. 

Meuthen und Ko-Parteichef Tino Chrupalla tragen die Erprobung eines „Staatsbürgergeldes“ grundsätzlich mit. Andere wollen auf dem Parteitag allerdings das gesamte Rententhema wieder aufmachen. Der Bundesfachausschuss Renten- und Sozialpolitik der AfD beantragt, sich mit dem Leitantrag des Bundesvorstands erst gar nicht zu befassen, sondern bis zu einem Wahlparteitag 2021 ein „schlüssiges Gesamtkonzept“ zu erarbeiten. In dieses könnten auch wieder mehr von Meuthen geplante Elemente Eingang finden, so das Kalkül.

Der Parteitag sollte ursprünglich schon für September 2019 stattfinden. Wegen der Schwierigkeiten bei der Suche nach einem gemeinsamen Rentenkonzept wurde das Treffen zunächst auf April 2020 vertagt und schließlich Corona-bedingt weiter verschoben.

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