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Kindesentführung ins EU-Ausland muss genauso bewertet werden wie im Inland

Justitia (über izzet ugutmen / shutterstock.com)

Justitia (über izzet ugutmen / shutterstock.com)

Die Entführung eines Kinds ins EU-Ausland muss strafrechtlich genauso bewertet werden wie eine Entführung im Inland. Alles andere wäre eine Ungleichbehandlung von EU-Bürgern, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag. Es ging um den Fall einer Mutter, die ihrem früheren Partner geholfen haben soll, den gemeinsamen Sohn nach Rumänien zu bringen. (Az. C‑454/19)

Die Eltern sind getrennt. Beide haben die rumänische Staatsangehörigkeit, die Mutter lebt aber in Deutschland. Der Sohn wohnte zunächst bei ihr. Vor einigen Jahren wurde den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den verhaltensauffälligen Jungen entzogen. Er bekam einen Ergänzungspfleger, der das Sorgerecht zum Teil ausübt. Ohne Wissen des Pflegers soll der Vater mit Unterstützung seiner Frau den Minderjährigen zu sich nach Rumänien geholt haben. Der Pfleger verklagte beide. Das Amtsgericht Heilbronn bat den EuGH im Fall der Mutter um Auslegung des EU-Rechts.

Nach deutschem Recht ist eine solche Kindesentziehung im Inland nur strafbar, wenn sie mit Gewalt, Drohungen oder List einhergeht oder der Täter kein Angehöriger ist. Eine Entführung ins Ausland ist dagegen schon an sich ein Straftatbestand, auch wenn sie durch Angehörige geschieht und keine Gewalt, Drohung oder List angewandt wird. Dies steht dem Unionsrecht entgegen, entschied der EuGH. Über den konkreten Fall muss nun das Heilbronner Amtsgericht urteilen, das dabei aber an die Auslegung des EuGH gebunden ist.

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