Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf will die eingestellten Ermittlungen gegen einen in Deutschland lebenden früheren Arzt der Siedlung Colonia Dignidad in Chile nicht wieder aufnehmen. Eine entsprechende Beschwerde von Betroffenen lehnte der Oberstaatsanwalt laut Mitteilung vom Mittwoch ab. Ein hinreichender Tatverdacht gegen Hartmut Hopp sei nicht begründet. „Im Fall einer Anklageerhebung wäre daher nicht mit einer Verurteilung des Beschuldigten zu rechnen“, erklärte der Oberstaatsanwalt.
Auch die Auswertung „zusätzlicher, erst im Beschwerdeverfahren erlangter weiterer Erkenntnisse“ habe nicht genug Beweise erbracht, um die im Mai eingestellten Ermittlungen wieder aufzunehmen. Im Fall der mutmaßlichen Beihilfe zum Mord an drei oppositionellen Studenten in Chile im Jahr 1976 könne Hopp weiterhin keine Beteiligung nachgewiesen werden. Es gebe dahingehend auch keine „erfolgsversprechenden Ermittlungsansätze“.
Bezüglich des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern in den Jahren 1993 bis 1997 hätten die Angaben von Tatopfern ebenfalls nicht dazu beigetragen, den Verdacht zu erhärten. Auch Ermittlungsergebnisse der chilenischen Justiz seien bei der Prüfung berücksichtigt worden.
Weiterhin konnte Hopp laut Staatsanwaltschaft nicht nachgewiesen werden, „ohne medizinischen Grund Psychopharmaka verabreicht zu haben“. Weitere Unterlagen, die die chilenischen Ermittlungsbehörden während des Beschwerdeverfahrens zur Verfügung gestellt hätten, seien „unergiebig“ gewesen.
In der 1961 gegründeten sektenartigen Siedlung Colonia Dignidad waren zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur von Augusto Pinochet in den Jahren 1973 bis 1990 Menschen vergewaltigt, gefoltert und getötet worden. Die Siedlung war von dem aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten und Laienprediger Paul Schäfer gegründet worden.
Der Mediziner Hopp galt als Schäfers rechte Hand und leitete das Krankenhaus der Colonia Dignidad. Die chilenische Justiz warf Hopp Kindesmissbrauch und Folter vor und erließ einen internationalen Haftbefehl gegen ihn. 2011 setzte der Mediziner sich nach Deutschland ab, das dessen Auslieferung an Chile ablehnte.
Die Anzeige einer Menschenrechtsorganisation führte dazu, dass die Staatsanwaltschaft Krefeld 2011 Ermittlungen gegen Hopp einleitete. Im Mai wurden diese nach siebeneinhalb Jahren eingestellt, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht für eine Anklageerhebung gab und Hopp selbst alle Vorwürfe bestritt. Opfervertreter kritisierten die Entscheidung. Eine Berliner Anwältin reichte Beschwerde ein.
Das European Center for Constitutional and Human Rights kritisierte die Düsseldorfer Entscheidung am Mittwoch. „Die Antwort der deutschen Justiz bleibt unzureichend“, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Ehemalige Führungsmitglieder der Colonia Dignidad, die sich nach Deutschland abgesetzt haben, würden nicht zur Verantwortung gezogen. „Das Bild, das sich aus dieser langen Kette des Nichthandelns ergibt, ist eines Rechtsstaats unwürdig“, teilte der Verein mit.