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Crowdworker können Arbeitnehmer sein

Crowdworker können Arbeitnehmer sein

Justitia - Bild: axel.bueckert via Twenty20

Sogenannte Crowdworker können Arbeitnehmer sein. Das ist der Fall, wenn ein finanzielles Anreizsystem und engmaschige Vorgaben kaum Spielraum für eine eigenständige Gestaltung der Arbeit lassen, wie am Dienstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied. (Az: 9 AZR 102/20) 

Konkret bestätigte das BAG die Arbeitnehmereigenschaft eines Crowdworkers aus Bayern. Er arbeitete für ein Unternehmen, das im Auftrag seiner Kunden die Präsentation von Markenprodukten im Einzelhandel und an Tankstellen kontrolliert, vorrangig mithilfe von Fotos. Entsprechende Kundenaufträge teilte das Unternehmen in Kleinstaufträge auf und bot diese über eine Crowdsourcing-Plattform im Internet an. Das Vertragsverhältnis der Crowdworker bestand nicht mit dem Auftraggeber, sondern jeweils mit der Plattform. Die Zahl der erledigten Aufträge erhöhte die Vergütung.

Der Kläger arbeitete etwa 20 Stunden pro Woche. Sein Verdienst lag durchschnittlich bei 1750 Euro pro Monat. Dabei konnte er selbst entscheiden, welche Aufträge er annimmt. Im April 2018 kündigte die Crowdsourcing-Plattform die Zusammenarbeit auf. Der Crowdworker wollte festgestellt wissen, dass ein Arbeitsverhältnis zu der Plattform besteht. Zudem forderte er Vergütungen nach.

Das BAG entschied nun, dass hier ein Arbeitsverhältnis bestand. Nach den gesetzlichen Vorgaben hänge dies davon ab, inwieweit die Arbeit fremdbestimmt und in persönlicher Abhängigkeit erfolgt. „Für ein Arbeitsverhältnis spricht es, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolge dessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann.“

Dies sei hier der Fall. Die Abwicklung der Einzelaufträge sei genau vorgeschrieben. Zudem seien die Anreize so gesetzt, dass dem Crowdworker wirtschaftlich kaum anderes übrig bleibe, als jeweils zeitnah ein größeres Bündel von Kleinstaufträgen anzunehmen. Denn nur dann könne eine Fahrtroute zusammengestellt und so ein höherer Stundenlohn erzielt werden.

Hier hatte die Crowdsourcing-Plattform allerdings ein mögliches Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich vorsorglich gekündigt. Weil der Kläger sich auf Kündigungsschutz nicht berufen hatte, sei diese Kündigung wirksam, urteilte das BAG. Inwieweit dem Kläger noch Lohnnachzahlungen auch für Urlaub und Krankheit zustehen, muss das Landesarbeitsgericht München noch klären.

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