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Grüne setzen im Bundestag Herbeizitieren von Scholz durch

Grüne setzen im Bundestag Herbeizitieren von Scholz durch

Bundestag/Reichstag

Die Grünen haben im Bundestag die Teilnahme von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) an einer Aktuellen Stunde zum Umgang mit Russland durchgesetzt. Bei der Abstimmung votierten die Oppositionsfraktionen am Mittwoch geschlossen für den Grünen-Antrag und überstimmten damit die mit weniger Abgeordneten vertretene Koalition. Scholz verließ daraufhin die Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Politik und erschien im Bundestag. Politiker der SPD attackierten das Vorgehen der Grünen scharf.

Laut Artikel 43 des Grundgesetzes können der Bundestag und seine Ausschüsse „die Anwesenheit jedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen“. Die „Herbeirufung eines Mitgliedes der Bundesregierung“ ins Plenum kann laut Bundestags-Geschäftsordnung von einer Fraktion oder von fünf Prozent der Abgeordneten verlangt werden; das Plenum stimmt dann darüber ab.

Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann begründete den Antrag zu Scholz damit, dass es in der Debatte auch um dessen umstrittenes Angebot an die USA in Zusammenhang mit der Gaspipeline Nord Stream 2 ging. Dabei hatte der Vizekanzler im vergangenen Jahr laut einem von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten Schreiben der US-Regierung angeboten, Importkapazitäten für Flüssiggas mit einer Milliarde Euro zu fördern, wenn die USA dafür auf Sanktionen gegen Nord Stream 2 verzichteten.

Da am Mittwoch vor allem die Grünen-Abgeordneten im Gegensatz zu den Abgeordneten der meisten anderen Fraktionen stark im Plenum vertreten waren, blieben die Fraktionen von Union und SPD in der Minderheit. Die Sitzung wurde nach der Abstimmung unterbrochen, um das Erscheinen von Scholz abzuwarten. Der Minister nahm dann auf der Regierungsbank Platz.

Zuvor hatte er an den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Politik teilgenommen. Scholz habe sich aber nicht vorab wegen seines Fernbleibens von der Plenarsitzung entschuldigt, sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke).

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) attackierte die Grünen scharf. „Den Vizekanzler aus der Ministerpräsidentenkonferenz zu Corona wegen eines Vorganges, der seit September letzten Jahre öffentlich ist, hierher zu zitieren, zeigt, worum es Ihnen wirklich geht: um scheinheiliges Spektakel.“

SPD-Fraktionsvize Katja Mast warf den Grünen insbesondere vor, dass auch die AfD mit für das Herbeirufen von Scholz votierte. „Ihr parlamentarischer Bündnispartner AfD in dieser Sache spricht für sich“, erklärte Mast. 

In der inhaltlichen Debatte kritisierte Maas die russische Regierung deutlich. „Erst vertuschen, dann die eigene Verantwortung leugnen und dann durch Desinformation Verwirrung stiften und schließlich auch noch die Opfer zu Tätern machen: Was wie ein Auszug aus einem alten Agentenhandbuch klingt, das ist kurz gefasst nichts anderes als das Drehbuch, nach dem Moskau in den letzten Monaten agiert hat.“

Zugleich warnte Maas aber vor den Konsequenzen eines Stopps des Pipeline-Projekts Nord Stream 2, wie ihn die Grünen zur Bestrafung Russlands fordern. Sanktionen müssten „die Richtigen“ treffen und „nicht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von fast 150 europäischen Unternehmen, den meisten davon aus Deutschland“, sagte Maas. Außerdem halte er nichts von einer „Strategie der abgebrochenen Brücken“ gegenüber Russland.

Der Umgang mit der Pipeline, die zusätzliche Erdgaslieferungen aus Russland nach Deutschland ermöglichen soll, ist in der Koalition umstritten. Der CDU-Politiker Michael Brand forderte in der Bundestagsdebatte ein Moratorium. Diese Position vertritt auch die FDP. Linke und AfD fordern, an Nord Stream 2 festzuhalten.

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