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2,7 Millionen Euro Strafe für Pharmafirma Servier wegen tödlichen Appetitzüglers

2,7 Millionen Euro Strafe für Pharmafirma Servier wegen tödlichen Appetitzüglers

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Hunderte Menschen sind nach der Einnahme des Appetitzüglers Mediator in Frankreich gestorben, sein Hersteller aber hatte die Risiken jahrelang verschwiegen – und muss nun 2,7 Millionen Euro Strafe zahlen. Ein Pariser Gericht befand das Pharmaunternehmen Servier am Montag der „schweren Täuschung“ und „fahrlässigen Tötung“ für schuldig. Bestraft wurde aber auch die Arzneimittelbehörde, weil sie das Mittel zu spät vom Markt nahm. 

Das Diabetes-Medikament wurde mehr als drei Jahrzehnte lang in Frankreich von Millionen Menschen zum Abnehmen genutzt. Es wurde erst 2009 vom Markt genommen, obwohl es schon Mitte der 1990er Jahre Anzeichen für schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen gab. Allgemein wird angenommen, dass rund 500 Menschen an den Folgen starben; manche Experten gehen sogar von bis zu 2100 Todesfällen aus.

Der Pharmakonzern Servier gibt an, vor 2009 nicht von den Risiken gewusst zu haben. In den USA, Spanien und Italien hatten die Behörden Mediator bereits Jahre zuvor verboten.

Das Pariser Strafgericht glaubte den Versicherungen des Konzerns nicht. Obwohl ihm seit vielen Jahren die Risiken bekannt gewesen seien, habe er es unterlassen, „die notwendigen Maßnahmen“ zu ergreifen, befand die Vorsitzende Richterin, Sylvie Daunis. Damit habe Servier die Verbraucher „getäuscht“ und das Vertrauen in das Gesundheitssystem erschüttert.

Der frühere Vize-Konzernchef Jean-Philippe Seta wurde als rechte Hand des 2014 gestorbenen damaligen Konzernchefs Jacques Servier zu vier Jahren Haft auf Bewährung und zur Zahlung von 90.600 Euro verurteilt. Die französische Arzneimittelbehörde ANSM muss 303.000 Euro zahlen, weil sie das Mittel zu spät vom Markt nahm. Das Gericht warf ihr vor, in ihrer Rolle als Aufsichtsbehörde „gravierend versagt“ zu haben.

Dem Urteil wohnten auch Dutzende der mehr als 6500 Zivilkläger teil. Sie fordern insgesamt eine Milliarde Euro Schadenersatz. Nach Angaben des Konzerns wurden mit tausenden Opfern bereits Vergleiche in Höhe von knapp 200 Millionen Euro erzielt.

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