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Nach Bluttat mit vier Toten in Potsdam Haftbefehl gegen Mitarbeiterin beantragt

Nach Bluttat mit vier Toten in Potsdam Haftbefehl gegen Mitarbeiterin beantragt

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Nach einem Tötungsdelikt an vier Einwohnern einer Potsdamer Behinderteneinrichtung ist das Motiv der tatverdächtigen 51-jährigen Mitarbeiterin unklar. Die Staatsanwaltschaft Potsdam beantragte am Donnerstag einen Haftbefehl wegen Totschlags gegen die Frau, wie Sprecherin Hanna Urban der Nachrichtenagentur AFP sagte. „Mordmerkmale liegen nicht vor.“ Unter Mitarbeitern und Bewohnern des Heims sorgte der Fall für Entsetzen. „Das hat uns schon die Beine weggehauen, das muss man ganz deutlich sagen“, sagte der theologische Vorstand des Oberlinhauses, Matthias Fichtmüller.

Bei der Einrichtung handelt es sich um zum Oberlinhaus zählenden Thusnelda-von-Saldern-Haus, in dem Menschen mit Behinderung betreut werden und auch wohnen. Die Polizei entdeckte am späten Mittwochabend in verschiedenen Zimmern insgesamt vier Menschen mit tödlichen Verletzungen. Über die genaue Identität der Toten machten die Ermittler zunächst keine Angaben.

Die Verletzungen aller Opfer seien auf schwere äußere Gewaltanwendung zurückzuführen, erklärte die Polizei. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung soll ein Messer die Tatwaffe gewesen sein. Neben den vier Getöteten sei ein schwer verletztes Opfer gefunden worden. Ob Lebensgefahr bestand, war zunächst nicht klar.

Die Mordkommission der brandenburgischen Polizeidirektion West übernahm unter Leitung der Staatsanwaltschaft Potsdam die Ermittlungen. Vor Ort fanden umfangreiche Spurensicherungen statt.

Wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, sollte die Mitarbeiterin der Einrichtung noch am Donnerstagnachmittag dem Haftrichter vorgeführt werden. Danach sollten weitere Informationen veröffentlicht werden. Die Sprecherin wollte keine Angaben machen, warum die Ermittler keine Mordmerkmale sehen. Ebenfalls keine Angaben machte Urban zunächst dazu, ob und in welcher Form sich die Tatverdächtige einließ.

Eine Unterbringung der Mitarbeiterin in der Psychiatrie sei nicht beantragt worden. Dies deutet darauf hin, dass den Ermittlern bisher keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Frau vorliegen.

Das Oberlinhaus kündigte für Donnerstagabend eine Andacht zum Gedenken an die Toten an. Daran will auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) teilnehmen, davor will er Blumen am Thusnelda-von-Saldern-Haus niederlegen. Woidke äußerte sich „tief betroffen und traurig“ über den Tod der Menschen.

„Es ist eine grauenhafte Tat, die die Stadt Potsdam und ganz Brandenburg zutiefst erschüttert. Dem schwer verletzten fünften Opfer wünsche ich Genesung“, erklärte der Regierungschef. In der von ihm sehr geschätzten Einrichtung lebten Menschen, die den Schutz besonders bräuchten – „umso erschreckender ist die Tat“.

Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zeigte sich erschüttert. „Es ist eine unbegreifliche Tat“, erklärte er. „Unsere Gedanken sind heute bei den Angehörigen der Getöteten, den BewohnerInnen und allen Mitarbeitenden.“ Die Stadt werde in dieser schweren Zeit an der Seite des Oberlinhauses stehen.

Das als Tatort betroffene Thusnelda-von-Saldern-Haus gehört zum Oberlinhaus. Dies ist ein diakonischer Anbieter für spezialisierte Leistungen im Bereich Teilhabe, Gesundheit, Bildung und Arbeit. Nach Angaben des Trägers leben in dem Haus 65 Bewohner mit unterschiedlichen Behinderungen. Mehr als 80 Mitarbeiter kümmern sich um die Bewohner.

Der theologische Vorstand Fichtmüller sagte, wer in dem Haus wohne, habe dort seinen Lebensmittelpunkt. „Wer dort wohnt, wohnt dort, das ist die Familie.“ Fichtmüller sagte zur Tragweite der Tat: „Das hat uns schon die Beine weggehauen, das muss man ganz deutlich sagen.“ Es herrsche Ohnmacht unter den Bewohnern und Mitarbeitern.

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