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TÜV Rheinland soll Frauen in Brustimplantate-Skandal entschädigen

TÜV Rheinland soll Frauen in Brustimplantate-Skandal entschädigen

Brustimplantate

Im Skandal um mangelhafte Brustimplantate des französischen Herstellers PIP können geschädigte Frauen auf Schadenersatz von jeweils mehreren tausend Euro hoffen. Das Pariser Berufungsgericht verurteilte den TÜV Rheinland am Donnerstag zu Entschädigungszahlungen an hunderte Klägerinnen, weil er die schadhaften Prothesen für unbedenklich erklärt hatte. Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich.

Der Skandal war vor elf Jahren aufgeflogen. Im März 2010 stellten die französischen Gesundheitsbehörden erstmals fest, dass die Brustimplantate von Poly Implant Prothèse (PIP) überdurchschnittlich oft rissen und nur mit billigem Industrie-Silikon gefüllt waren. Der TÜV hatte sie als unbedenklich zertifiziert.

In dem Urteil hieß es, der TÜV und seine französische Tochtergesellschaft seien verantwortlich für eine Reihe von „Versäumnissen (…) in der Ausübung der Qualitätsüberwachung“ der Silikonkissen. Die Vorinstanz hatte den TÜV dagegen entlastet.

Das Urteil des Berufungsgerichts räume „alle Zweifel an der Verantwortung des TÜV endgültig aus“, erklärte der Opferanwalt Olivier Aumaître. „Nach zehnjährigem Warten und harten Kämpfen muss die deutsche Prüfstelle die Opfer nun vollständig entschädigen.“

Die Klägerinnen in diesem Verfahren stammen überwiegend aus Großbritannien und Südamerika. Die britische Klägerin Jan Spivey sagte dem Sender BBC, sie habe jahrelang unter Schmerzen in der Brust und Kopfschmerzen gelitten, bis feststand, dass die Kissen Silikon in ihren Körper abgaben und entfernt wurden. „Die Prothesen wurden mir vor 20 Jahren eingepflanzt, und beeinträchtigen mein Leben noch heute“, betonte sie.

Nach der Urteilsbegründung können Frauen, die nachweislich einen körperlichen Schaden und Angstzustände erlitten haben, auf bis zu 6000 Euro Entschädigung hoffen. Die genaue Summe muss jeweils individuell mit Hilfe von Expertisen festgelegt werden. In dem Skandal trugen weltweit geschätzte 400.000 Frauen gesundheitliche Schäden davon, auch in Deutschland waren tausende betroffen.

Der TÜV nannte das Urteil unvereinbar mit früheren Gerichtsentscheidungen. Er betonte zudem, die Klagen vieler Frauen seien abgewiesen worden. Dem Urteil zufolge ist ein Teil der insgesamt 2500 Klagen unzulässig.

Der TÜV sieht sich selbst als „Opfer des Betrugs“ durch den Hersteller PIP. Der PIP-Gründer Jean-Claude Mas starb 2019, seine Firma ist pleite. „Weil PIP zahlungsunfähig ist, wird nun gegen den TÜV vorgegangen“, hatte eine Anwältin des Überwachungsvereins gesagt. Von 2001 bis 2010 hatte PIP weltweit rund eine Million der minderwertigen Implantate verkauft.

In dem Fall gab es bereits eine ganze Reihe von Prozessen gegen den TÜV Rheinland. In Deutschland urteilte der Bundesgerichtshof im Februar 2020, eine Haftung des Überwachungsvereins komme zumindest theoretisch in Betracht.

Auch in Frankreich gibt es mehrere Verfahrensstränge. Zuletzt hatte das Berufungsgericht im südfranzösischen Aix-en-Provence im Februar der Klage von rund 13.500 Frauen stattgegeben und eine Schadenersatzforderung von mehr als 40 Millionen Euro gegen den TÜV Rheinland bestätigt. Der Überwachungsverein legte dagegen Revision beim Pariser Kassationsgericht als oberster französischer Instanz ein.

Ein Berufungsgericht in Versailles entschied dagegen in einem anderen Verfahren im Januar zu Gunsten des TÜVs. Es wies eine Klage von rund 400 Frauen ab.

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