Delfin Anke im Nürnberger Tiergarten gestorben

Symbolbild: Delfine

NÜRNBERG. Am gestrigen Sonntag starb am späten Vormittag der 37-jährige Delfin Anke im Nürnberger Tiergarten. Seit 2017 ist bekannt, dass bei Anke eine Leberschädigung ungeklärter Ursache vorliegt, die aber durch eine angepasste Fütterung bei engmaschiger Kontrolle des Tieres beherrschbar war. Ankes Zustand verschlechterte sich in den letzten Wochen vor ihrem Tod.

Anke gehört zu den letzten Wildfängen, also den genetischen Gründertieren, im Europäischen Zuchtprogramm, in dem heute über 80 Prozent der Großen Tümmler bereits „zoogeboren“ sind. Nicht wenige Große Tümmler wie zum Beispiel die in Nürnberg geborene, fünfjährige Nami leben bereits in zweiter Generation in Zoos.

Anke selbst wurde vom Zuchtprogramm als mögliches genetisches Gründertier ausgeschlossen, nachdem sich der Verdacht erhärtet hatte, dass ihre Jungtiere möglicherweise aufgrund eines genetischen Defekts nicht überlebensfähig waren. Sie hatte 2006 ein Jungtier in Nürnberg geboren und zwei weitere in Harderwijk. Keines davon überlebte.

Dafür spielte Anke in den Forschungsarbeiten immer eine große Rolle und gehört zu den Delfinen, durch die in Nürnberg nachgewiesen werden konnte, dass Große Tümmler elektrische Reize wahrnehmen und verarbeiten können. Diese sogenannte Elektroperzeption war für Große Tümmler nicht bekannt. Diese Reizwahrnehmung stellt ein wichtiges Sinnesorgan dar, das speziell beim Gründeln nach Futtertieren eine entscheidende Rolle spielt. Auch in Versuchen zur Kognition von Delfinen gehörte Anke zu den Delfinen, auf die man sich verlassen konnte. Die europäische Zoo-Population der Großen Tümmler wird in den nächsten Jahren ihre letzten Gründertiere aus der Wildbahn altersbedingt verlieren. Der Bestand dieser Tierart wird in einem Europäischen Zuchtprogramm seit 2003 vollständig selbsterhaltend gemanagt.

Gleichzeitig wird zurzeit weltweit ein rasanter Verlust aller Küstenpopulationen des Großen Tümmlers beobachtet. Aufgrund der Tatsache, dass die Hochseepopulationen des Großen Tümmlers noch nicht als bedroht gelten, werden sich Zoos künftig stärker der Vermehrung stark bedrohter Küsten- und Flussdelfinarten widmen müssen. Deshalb nutzen Zoos mit jahrelanger Erfahrung in der Delfinhaltung nun ihr Wissen, um ex situ Reservepopulationen gefährdeter Arten gründen zu können. In China konnte durch solche ex situ-Maßnahmen eine nachhaltige Population des Yangtze-Schweinswals aufgebaut werden. Für den La Plata Delfin werden gerade Protokolle für die Rehabilitation von lebend gestrandeten Tieren entwickelt. Diese ex situ-Maßnahmen in Argentinien und Brasilien werden unter Mitwirkung des Tiergartens aufgebaut.

Wenn die Entwicklung an den Küsten so weitergeht, könnten die Großen Tümmler des europäischen ex-situ-Zuchtprogramms schneller als erwartet zu einer wichtigen Reservepopulation für die Küstenform dieser Art werden.

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