Beim Ausmaß der Kurzarbeit wegen der Corona-Krise gibt es erhebliche Unterschiede in Deutschland. Hohe Quoten weisen vor allem Standorte mit starker Automobilwirtschaft und Tourismusregionen auf, wie aus einer am Montag veröffentlichten Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Deutlich weniger betroffen sind hingegen Städte, in denen Pharma- und Chemiekonzerne eine wichtige Rolle spielen.
Für die Studie wertete das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Stiftung Arbeitsmarkt-Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die 401 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland aus. Insgesamt war Kurzarbeit im April demnach im bundesweiten Durchschnitt für gut 31 Prozent der Beschäftigten angezeigt.
Regional klaffen die Daten jedoch erheblich auseinander: So zeigten die Betriebe in Emden (56,0 Prozent) und Wolfsburg (52,2 Prozent) für die Mehrheit der Beschäftigten Kurzarbeit an. An diesen Standorten produziert der Autobauer Volkswagen. Ludwigshafen (11,6 Prozent), Leverkusen (16,2 Prozent) und Mainz (16,4 Prozent) wiesen hingegen die niedrigsten Quoten angezeigter Kurzarbeit auf. In Ludwigshafen ist BASF ansässig, in Leverkusen der Bayer-Konzern. Mainz wiederum weist nach Angaben der WSI-Forscher überdurchschnittliche Beschäftigungsanteile bei Rundfunkveranstaltern, Finanzdienstleistern, der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen auf.
Entgegen landläufiger Vermutungen sei die Kurzarbeit indes vor allem in Regionen angezeigt worden, in denen die Beschäftigungsanteile von Großbetrieben unterdurchschnittlich ausfallen. „Die Betriebsschließungen haben viele kleinere Betriebe hart getroffen und die haben schnell mit Kurzarbeit reagiert“, erklärte WSI-Forscher Helge Emmler. Die Ergebnisse wiesen damit auf einen „bedarfsgerechten Einsatz“ der Kurzarbeit hin. „Offensichtlich ist das Instrument gut geeignet, ganz unterschiedliche regionale Arbeitsmärkte einigermaßen passgenau zu entlasten.“
Besonders von Kurzarbeit betroffen sind auch Regionen, in denen der Tourismus eine besondere Bedeutung hat. So wurde im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (41,4 Prozent), dem Oberallgäu (40,4 Prozent) und in Garmisch-Partenkirchen (35,1 Prozent) für einen erheblichen Anteil der Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt. An der Nord- und Ostseeküste trifft dies unter anderem auf Wittmund (35,6 Prozent), Ostholstein (34,7 Prozent) und Vorpommern-Rügen (35,5 Prozent) zu.
Insgesamt puffert die Kurzarbeit nach Einschätzung des WSI derzeit die Auswirkungen der Pandemie auf den deutschen Arbeitsmarkt ab. Die Corona-Krise hat nichtsdestoweniger auch die Arbeitslosigkeit ansteigen lassen – „insgesamt noch relativ moderat, aber ebenfalls mit beachtlichen regionalen Unterschieden“, wie das Institut erklärte.
So seien generell die Anstiege im Osten Deutschlands „auffällig hoch“, während sie im Süden meist niedrig ausfallen. Besonders starke Corona-bedingte Anstiege der Arbeitslosenquote müssen demnach die Tourismusregionen Vorpommern-Rügen (3,2 Prozentpunkte) und Wittmund (2,6 Prozentpunkte) zu verkraften. Aber auch in Berlin (2,5 Prozentpunkte), Garmisch-Partenkirchen (2,4 Prozentpunkte), dem Berchtesgadener Land und in Wilhelmshaven (beide 2,3 Prozentpunkte) ist die Arbeitslosenquote Corona-bedingt deutlich angestiegen.
Im Bundesmittel waren es demnach 1,3 Prozentpunkte. Im Vogelsbergkreis in Hessen (0,3 Prozentpunkte) sowie in Bayern in Tirschenreuth (0,4 Prozentpunkte), Erlangen-Höchstadt, Neumarkt in der Oberpfalz und Neustadt an der Waldnaab mit jeweils 0,5 Prozentpunkten erscheine die Zunahme hingegen im Deutschland-Vergleich „sehr moderat“.