So überwindet man seine Unsicherheit im Bett

Heiß und leidenschaftlich im Bett - Shutterstock, Inc./AimPix

Männer sollten lange durchhalten und Frauen dabei sexy sein. Medien, Filme und Pornos vermitteln ein bestimmtes Bild, wie perfekter Sex und die daran Beteiligten aussehen sollten. Der Druck, der dadurch entsteht, ist nur ein möglicher Grund, weshalb sich manche im Bett nicht fallen lassen können. Sexualpädagogin Gianna Bacio, die unter anderem den Podcast „Love your Sex“ veröffentlicht, erklärt im Interview, wieso man sich beim Sex unwohl fühlt und gibt Tipps, wie man Unsicherheiten im Bett überwindet.

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Mögliche Ursachen: Versagensängste, Unwissenheit und Erziehung

Versagensangst sei eine der Hauptursachen, sich beim Sex unwohl zu fühlen, erklärt Bacio. Männer etwa würden oft mit einem falschen Bild aufwachsen, „da Pornos als Aufklärungsmittel eingesetzt werden“. In den Sexfilmchen würden Männer immer als sehr leistungsstark dargestellt. „Das kann Männer verunsichern. ‚Ich kann nicht leisten‘ ist oft der Gedanke bei ihnen.“

Auch Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper spiele eine große Rolle. „Einige machen sich Gedanken, wie: ‚Bin ich so, wie ich bin, in Ordnung? Gefalle ich anderen Menschen?‘ Sowohl Männer als auch Frauen haben Blockaden mit dem eigenen Körper und das führt dazu, dass sie sich beim Sex nicht fallen lassen können – weil sie mit ihrem Aussehen nicht zufrieden sind“, erklärt Bacio. Schuld daran sei vor allem eine Norm, die in den Medien vorgelebt werde – der die meisten Menschen jedoch nicht entsprechen würden.

Weiter erklärt die Sexualpädagogin, dass vieles von den Erfahrungen abhänge, die man gemacht habe. Es könne etwa sein, dass Erlebnisse aus der Kindheit oder Jugend „später dazu führen, dass man im Bett nicht weiß, was einem überhaupt gefällt und bei was man Lust empfindet. Oft denkt man auch, man müsste etwas machen“, meint Bacio. Wer in einer langjährigen Beziehung war, könnte sich bei einem neuen Partner unwohl fühlen. „Eine langzeitige Beziehung kann dazu führen, dass man heute gar nicht weiß, was einem eigentlich gefällt. Wenn man mit diesem einen Partner nur ein gewisses Portfolio abgespielt hat, fällt es schwer, über den Tellerrand hinauszuschauen.“

Die Erziehung habe ebenfalls großen Einfluss auf das spätere Sexleben. Bacio erklärt: „Manchmal gilt Sexualität generell als Tabu in Familien. Wer sehr streng und mit vielen Tabus erzogen wurde, betrachtet später die Sexualität als etwas nicht wirklich Freies und etwas, das Spaß machen und sinnlich sein kann.“

Sich selbst kennen lernen – durch Masturbation

Der erste Schritt zu gutem Sex: Selbstliebe. „Beschäftigen Sie sich erst einmal nur mit sich selbst: bei der Masturbation. Wenn Sie sich selbst mit Ihrem Körper auskennen und wissen, was Ihnen gefällt, können Sie das Ihrem Partner zeigen. Solange Sie das nicht wissen, experimentieren Sie auf einem großen dunklen Feld und machen Dinge, die sie eigentlich gar nicht wollen – diese aber machen, weil Sie denken, Sie müssten es“, meint Bacio, Autorin von „Hand drauf!: Ein Plädoyer für die weibliche Masturbation“.

Masturbation sei wichtig, denn dadurch könne man sein Körperbewusstsein trainieren und lernen, sich selbst zu mögen und zu vertrauen.

Von falschen Standards absehen

Anzügliche Blicke, leidenschaftliche Küsse und wilder Sex: In Filmen wird Sex gerne so dargestellt. Dadurch entsteht ein Idealbild, das nicht der Wirklichkeit entspricht. Von diesen falschen Standards müsse man absehen, sagt Bacio, und sich stattdessen mehr auf sich selbst konzentrieren. „Was in den Medien propagiert und Filmen gezeigt wird, muss nicht unbedingt das sein, was Ihnen gefällt. Sie müssen nichts tun, was andere tun. Sie sollten nur das tun, was Ihrer Fantasie entspringt und wovon Sie denken, dass es Ihnen gefällt.“

Ehrlich und offen über Ängste sprechen

Um Sex mit seinem Partner in vollen Zügen genießen zu können, sind Gespräche wichtig. „Entwaffnende Ehrlichkeit bringt wirklich viel“, findet Bacio und fügt als Beispiel hinzu: „Sie könnten in einem Moment ganz ehrlich sagen: ‚Ich bin nervös und kann gerade nicht so, wie ich eigentlich möchte‘.“

Diesen Ratschlag gibt sie auch Partnern, die merken, dass ihr Gegenüber sich unsicher fühlt: „Die Dinge auszusprechen, sorgt dafür, dass der Partner sich öffnen kann.“ Weiter empfiehlt sie Paaren, sich gegenseitig Ängste zu nehmen. Das funktioniere vor allem durch Komplimente. „Sie können Ihrem Partner klarmachen, dass er, so wie er ist, wunderschön ist. Sie können ihm sagen und durch Körpersprache zeigen, dass Sie ihn sexy finden. So schafft man eine Atmosphäre, in der der Partner sich fallen lassen kann – und baut Blockaden ab.“

Worst-Case-Szenario ausmalen

Als letzten Tipp empfiehlt die Sexualpädagogin, sich ein Worst-Case-Szenario auszumalen. „Was kann passieren, wenn Sie etwas ‚falsch‘ machen? Selbst wenn Sie einen vermeintlichen Fehler machen, passiert nichts Schlimmes. Und es ist nicht verwerflich, wenn etwas nicht nach Plan verläuft: einfach mal ausprobieren. Man darf ‚Fehler‘ machen!“

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