20. Jahrestag: „Heute würde die Concorde nicht mehr an den Start gehen“

Archivbild: Concorde
Archivbild: Concorde

Am Samstag jährt sich zum 20. Mal der Absturz der Concorde. Das Unglück mit 113 Toten – darunter 97 Deutsche – besiegelte das Aus für das Überschallflugzeug. Heute wird vor allem in den USA an einem Nachfolger geforscht. Doch das Flugzeug der Zukunft werde ganz anders aussehen, meint ein Luftfahrtexperte:

Was passierte am 25. Juli 2000?

Die Bilder aus Frankreich sorgten weltweit für einen Schock: Kurz nach ihrem Start in Paris stürzte eine Concorde bei dem Ort Gonesse in ein Hotel. 113 Menschen kamen ums Leben, darunter 97 Deutsche – 96 Passagiere sowie eine Stewardess. Die deutsche Gruppe war unterwegs zu einer Kreuzfahrt ab New York. Neben Passagieren und Besatzungsmitgliedern kamen auch vier Menschen in dem Hotel ums Leben, das dem Erdboden gleich gemacht wurde.

Was war die Ursache für den Absturz?

Die Concorde raste beim Start über ein Metallteil, das zuvor eine Maschine der US-Gesellschaft Continental verloren hatte. Dadurch platzte ein Reifen und setzte in Sekundenschnelle eine Kettenreaktion in Gang, die das linke Triebwerk in Brand setzte. Die Piloten von Air-France-Flug 4590 waren machtlos, das Flugzeug stürzte ab.

Was waren die Folgen des Unglücks?

„Heute würde die Concorde nicht mehr an den Start gehen“, sagt der französische Luftfahrtexperte und frühere Air-France-Pilot Gérard Feldzer. „Es gibt deutlich höhere Sicherheitsanforderungen“. Die letzten Concorde-Flüge von Air France und British Airways fanden 2003 statt, die beiden Airlines betrieben jeweils sieben Maschinen. Heute ist die Concorde unter anderem im Technik-Museum im baden-württembergischen Sinsheim sowie in Paris und Toulouse zu sehen.

Warum wurde die Concorde eingestellt?

Die Katastrophe war nur der Auslöser. Das Überschallflugzeug sei schlicht „unrentabel“ gewesen, sagt Feldzer. Air France und British Airways legten die Betriebskosten für die gut 25 Jahre der kommerziellen Nutzung seit 1976 nie offen – es wird aber von bis zu zehn Milliarden Euro ausgegangen, eine astronomische Summe. Auch die Passagiere kamen die Flüge teuer zu stehen: Ein Hin- und Rückflug von Paris nach New York kostete zuletzt 8100 Euro.

Wird es ein neues Überschall-Flugzeug geben?

Vor allem in den USA wird an einem Concorde-Nachfolger geforscht, aber auch Russland hat Interesse. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa arbeitet mit dem Rüstungskonzern Lockheed Martin an einem „X-Plane“. Der private Flugzeugbauer Boom Supersonic entwickelt das Überschallflugzeug „Overture“, das mit seiner spitzen Nase und den Dreiecks-Tragflächen der Concorde ähnlich sieht. Testflüge sollen in den kommenden Jahren stattfinden.

Was unterscheidet die neuen Modelle von der Concorde?

Feldzer spricht von „Weltraumflugzeugen“, die deutliche größere Flughöhen erreichen sollen als konventionelle Maschinen. Bereits die Concorde galt in Großbritannien als „Pocket rocket“ (Westentaschen-Rakete) und erreichte eine Flughöhe von 60.000 Fuß (18.000 Meter). Wie die Concorde sollen die Nachfolger mindestens zweifache Schallgeschwindigkeit erreichen und New York mit Paris oder London in dreieinhalb Stunden verbinden.

Wie wird die Linienmaschine der Zukunft aussehen?

Auch wegen der eingebrochenen Fluggastzahlen in der Corona-Krise glaubt Experte Feldzer nicht an einen neuen Run auf Überschallflugzeuge. „Bei der jungen Generation zählt nicht die Zeitersparnis, sondern der Umweltschutz“, betont der frühere Leiter des Luft- und Raumfahrtmuseums in Le Bourget bei Paris. Die Concorde sei ein Kerosin-Fresser mit extrem hohem CO2-Ausstoß gewesen. „Wir warten heute auf das ’saubere‘ Flugzeug“, betont Feldzer.

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