Experten machen sich für Wahlrecht ab 16 stark

Wahlen in Deutschland
Wahlen in Deutschland

Jugendliche ab 16 haben nach Einschätzung von Experten genügend politisches Interesse, um an Wahlen teilzunehmen. „Wir finden wenig, was gegen eine Absenkung des Wahlalters spricht“, erklärte Projektleiter Arndt Leininger von der Freien Universität Berlin am Donnerstag zu einer von der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung finanzierten Studie. Für eine Absenkung des Wahlalters sprachen sich auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Linken-Chefin Katja Kipping aus. 

Bisher gilt in Deutschland für Bundestagswahlen und die meisten Wahlen auf Landesebene die Altersgrenze von 18 Jahren. In Bremen, Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein dürfen allerdings bei Landtagswahlen auch Jugendliche ab 16 Jahren wählen, in mehreren weiteren Bundesländern gilt dies für Kommunalwahlen. Politiker aus Grünen, Linkspartei und SPD fordern schon lange ein generelles Wahlrecht für Jugendliche ab 16. Widerstand dagegen kommt vor allem aus der Union.

Für ihre Studie verglichen die Wissenschaftler nun die Landtagswahlen 2019 in Brandenburg und Sachsen, also zwei Ländern mit unterschiedlichem Wahlalter. In der Auswertung traten sie Einwänden entgegen, Jugendlichen fehle es an der notwendigen Reife für den Urnengang. „Wir finden schon bei 15-Jährigen ein recht ausgeprägtes Interesse an und Wissen über Politik – und das unabhängig vom gültigen Wahlrecht in beiden untersuchten Bundesländern“, erklärte der FU-Wissenschaftler Thorsten Faas.

Allerdings wiesen die Experten auf Unterschiede zwischen den Jugendlichen hin. Diese hingen etwa damit zusammen, ob diese mit 16 oder 17 noch zur Schule gingen oder in Elternhäusern lebten, wo viel über Politik gesprochen werde. Beides begünstige politisches Interesse der Jugendlichen. „Um zu bewirken, dass möglichst viele junge Menschen wählen gehen, sollten daher gezielte flankierende Maßnahmen zu einem herabgesetzten Wahlalter ergriffen werden“, empfehlen die Wissenschaftler.

„Demokratie ist erleb- und erlernbar, je früher, desto besser“, erklärte Dreyer anlässlich des 50. Jahrestages der Absenkung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre am Freitag. „Wenn Menschen die Möglichkeiten erhalten, in jungen Jahren Erfahrungen mit der Demokratie zu sammeln, steigt sowohl die Demokratie-Kompetenz als auch die Bereitschaft zum Engagement.“ Nicht zuletzt die Fridays for Future-Bewegung zeige eindrücklich, dass jungen Menschen sich politisch einbringen wollen.

„Bewegungen wie Fridays for Future haben der Welt gezeigt, dass die junge Generation sehr wohl daran interessiert ist, die Politik mit zu gestalten“, erklärte Linken-Parteichefin Katja Kipping. „Es ist höchste Zeit, Jugendliche ab 16 mitentscheiden zu lassen“, hob Kipping hervor. 

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katja Dörner, verwies darauf, dass junge Menschen in besonderem Maße von politischen Entscheidungen betroffen seien – auch durch politische Weichenstellungen, die ihre Zukunft massiv beeinflussen werden. 

Auch die Initiative „Mehr Demokratie“ sprach sich für die Absenkung des Wahlalters auf 16 aus. „Es ist Zeit, endlich auch die Menschen mitbestimmen zu lassen, deren Zukunft im Bundestag diskutiert wird“, erklärte Vorstandssprecherin Claudine Nierth. „Eine Wahlaltersabsenkung ist in Deutschland lange überfällig“, sagte der Sprecher von Fridays For Future, Linus Steinmetz. „Wir sind eine politische Generation und verdienen eine Stimme in unserem demokratischen System.“

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