Gegen die angekündigte Streichung von mehr als 5000 Stellen bei Airbus in Deutschland regt sich Widerstand. Die IG Metall warnte den europäischen Flugzeugbauer am Mittwoch vor einem „Kahlschlag“. Nach Angaben der Gewerkschaft sind in Deutschland sogar gut 6000 Stellen bedroht, mehr als an anderen Standorten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) pochte auf eine Umstrukturierung, bei der „kein Land benachteiligt wird“.
Weltweit will Airbus rund 15.000 Stellen streichen: etwa 5100 in Deutschland, 5000 in Frankreich, 1700 in Großbritannien und 900 in Spanien. Bis Sommer 2021 sollten weltweit elf Prozent der Belegschaft abgebaut werden, hieß es in einer Konzernmitteilung. Auch betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen.
Das Unternehmen reagiert damit nach eigenen Angaben auf die in der Corona-Krise eingebrochene Nachfrage bei Passagiermaschinen. Airbus sei „mit der schlimmsten Krise konfrontiert, die diese Branche jemals erlebt hat“, erklärte Konzernchef Guillaume Faury.
Die IG Metall warnte Airbus vor einem „Kahlschlag auf Kosten der Beschäftigten“, wie der Bezirk Küste erklärte. Die Gewerkschaft geht von gut 6000 betroffenen Stellen in Deutschland aus. Sie rechnet 900 Arbeitsplätze bei der Airbus-Tochter Premium Aerotec ein, deren Abbau bereits zu Jahresbeginn verkündet wurde.
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Airbus-Verteidigungssparte Defence and Space, Thomas Pretzl, spricht sogar vom Abbau von „knapp 7000“ Stellen in Deutschland. Er verwies auf die angekündigte Streichung von 930 Stellen in seiner Sparte. „Wir stehen vor der härtesten Auseinandersetzung mit dem Management in der Airbus-Geschichte“, sagte er dem „Donaukurier.
Die Bundesrepublik sei „überproportional“ betroffen, kritisierte der IG-Metall-Zuständige für die Luft- und Raumfahrtbranche, Jürgen Kerner. „Das Virus darf nicht als Vorwand für Einschnitte dienen, um auf Kosten der Beschäftigten die geplanten Renditeziele zu erreichen“, betonte er.
An norddeutschen Standorten der Airbus-Tochter Premium Aerotec kam es vor den Werkstoren zu Protestaktionen. In Nordenham und Varel wurden Flugblätter an die Beschäftigten verteilt, wie ein Sprecher der IG Metall Küste sagte. An Airbus-Standorten wie Hamburg und Augsburg wurde die Belegschaft informiert.
Bundeswirtschaftsminister Altmaier verwies auf das staatliche Rettungspaket für die Lufthansa. Die Regierung habe ein Interesse daran, dass die nationale Airline wie auch Airbus „die Krise unbeschadet überstehen“, betonte er. Er wies zudem darauf hin, dass die Beschlüsse des Koalitionsausschusses allein „eine Milliarde Euro für moderne, emissionsarme und geräuscharme Flugzeuge“ vorsehen würden. Der deutsche Staat ist zu rund elf Prozent an Airbus beteiligt, ebenso wie der französische.
Frankreich protestierte ebenfals scharf gegen den „überzogenen“ Wegfall von 5000 Stellen. Die Regierung hofft, rund 2000 der Arbeitsplätze mit Mitteln wie Kurzarbeit retten zu können, wie Verkehrs-Staatssekretär Jean-Baptiste Djebbari dem Sender BFM-TV sagte. Finanziert werden könne dies durch die beschlossenen Corona-Hilfen von 15 Milliarden Euro für die französische Luftfahrtbranche.
Airbus-Chef Faury sagte der Nachrichtenagentur AFP, auch in Deutschland könnten womöglich bis zu 1500 Jobs mithilfe von Kurzarbeit gerettet werden. Das System sei aber „nicht genau dasselbe“ wie in Frankreich, wo eine Überbrückung bis Anfang 2022 möglich sei. Der Franzose hatte den Vorstandsvorsitz bei Airbus im April des vergangenen Jahres vom Deutschen Tom Enders übernommen.
Airbus hatte wegen der Pandemie im ersten Quartal einen Verlust von 481 Millionen Euro gemacht. Der Konzern erwartet, dass sich der Luftverkehr nicht vor 2023 erholt und möglicherweise erst 2025 das Niveau vor der Corona-Krise erreicht. Der US-Flugzeugbauer Boeing als wichtigster Rivale von Airbus hatte bereits im April bekanntgegeben, zehn Prozent seiner Stellen in der Passagierflugzeugsparte streichen zu wollen.