Jean Castex will auf Dialog setzen

Jean Castex - Bild: REUTERS/Charles Platiau
Jean Castex - Bild: REUTERS/Charles Platiau

Der neue französische Premierminister Jean Castex setzt auf den Dialog mit der Bevölkerung. „Bevor ich Lösungen vorgebe“, werde er das Gespräch mit möglichst vielen Menschen suchen, sagte Castex am Freitagabend dem Fernsehsender TF1. Es könne nicht alles in Paris entschieden werden, sagte der konservative Politiker. Die Bedeutung des Umweltschutzes stehe für ihn außer Frage.

Castex kündigte in seinem ersten Interview nach seiner Ernennung durch Präsident Emmanuel Macron einen „neuen Sozialpakt“ an. Dafür werde er in Dialog „mit den Sozialpartnern“, den verschiedenen Regionen und „allen Akteuren“ treten, um möglichst viele „an der Suche nach Lösungen“ zu beteiligen. Im Detail will Castex sein politisches Programm in einer Rede Mitte kommender Woche vorstellen.

Nach seinen Prioritäten gefragt antwortete der 55-Jährige, der Umweltschutz stehe nicht zur Disposition. Dieser sei mittlerweile „in allen Köpfen, er wandelt die politische Klasse“. Auch beim Wiederaufbauplan zur Überwindung der Corona-Krise will Castex nach eigenen Angaben Umweltbelange berücksichtigen. Der Plan werde „sehr schnell vorgestellt“.

Macron hatte Castex am Freitag zum Nachfolger von Premierminister Edouard Philippe ernannt. Nach dem Triumph der Grünen bei den französischen Kommunalwahlen am vergangenen Wochenende hatte der Staatschef angekündigt, bis zur Präsidentschaftswahl 2022 mit einem „neuen Team“ einen „neuen Weg“ einschlagen zu wollen. Angesichts der Niederlage seiner Partei La République en Marche (LREM) kündigte er unter anderem Zugeständnisse in der Klimapolitik an.

Einige Beobachter hatten deshalb einen deutlichen Schwenk in Richtung der Grünen und eventuell die Ernennung eines Regierungschefs aus ihren Reihen erwartet. Mit der Ernennung von Castex blieb eine grundsätzliche Umorientierung bislang aus. Die weiteren Mitglieder der neuen Regierung, der Castex vorstehen wird, sind noch nicht bekannt.

Castex ist Bürgermeister der kleinen Gemeinde Prades im Département Pyrénées-Orientales im Südwesten Frankreichs und hatte seit April die Lockerungen der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie koordiniert. Er gehört der konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR) an und ist ein ehemaliger Mitarbeiter von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy.

Beobachter sehen in seiner Ernennung die Absicht Macrons, angesichts der Präsidentschaftswahlen 2022 die Kontrolle wiederzuerlangen, ohne den Kurs radikal zu ändern. In den vergangenen Wochen war die Popularität von Regierungschef Philippe weit über die des Staatschefs gestiegen. Die Ernennung eines wenig bekannten moderaten Konservativen „ist nun eine Neugewichtung zu Gunsten des Präsidenten“, analysierte der Historiker Jean Garrigues.

Nach seiner Reaktion auf seine Ernennung zum Regierungschef gefragt, sagte Castex in dem Fernsehinterview am Freitagabend, er habe „starke Ergriffenheit empfunden“. Man könne sich „nicht versagen, wenn es darum geht, seinem Land zu dienen, besonders unter den gegenwärtigen Umständen“.

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