Mehr Ausbau gefordert: Reaktivierung von Bahnstrecken könnte drei Millionen Bürger an die Schiene anschließen

Symbolbild: Gleisanlage der Deutschen Bahn

Mit der Neubelebung stillgelegter Eisenbahnstrecken können nach Einschätzung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland wieder ans Schienennetz angebunden werden. Laut einer aktualisierten „Reaktivierungsliste“, die der Verband am Donnerstag gemeinsam mit der Allianz pro Schiene vorstellte, lassen sich 238 Strecken mit insgesamt 4016 Kilometern Länge wieder nutzen.

Damit könnten laut Jörgen Boße, Vorsitzender des VDV-Ausschusses für Eisenbahninfrastruktur und Geschäftsführer der Usedomer Bäderbahn, insgesamt 291 Städte und Gemeinden wieder ans Netz angeschlossen werden. „In Deutschland leben rund 70 Prozent der Menschen in Mittel- und Kleinstädten oder im ländlichen Raum“, erklärte er. „Für diese große Mehrheit der Bevölkerung benötigen wir effiziente und umweltfreundliche Angebote im Schienenverkehr.“ Dabei gehe es „um Klimaschutz, aber auch um die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen“, betonte Boße.

Allianz-pro-Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege bezeichnete die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken als „ein Erfolgsrezept für einen besseren Verkehrsmix in der Zukunft“. Damit lasse sich „der jahrzehntelange Rückzug der Schiene aus der Fläche stoppen und umdrehen“. Innerhalb eines Jahres sei bundesweit auf sechs Strecken der Personenverkehr wiederaufgenommen worden. „Die Reaktivierung ist eine riesige Chance, um die Schieneninfrastruktur rasch fit zu machen für den Transport von mehr Fahrgästen und mehr Gütern“, erklärte Flege.

Der Allianz pro Schiene zufolge wurden zwischen 1994 und 2020 Verbindungen mit insgesamt 933 Kilometer Länge für den Personenverkehr und 364 Kilometer für den Güterverkehr wieder in Betrieb genommen.

Insgesamt fällt die Bilanz aber deutlich negativ aus: Im selben Zeitraum wurden mit über 3600 Kilometern deutlich mehr Strecken im Personenverkehr abbestellt als reaktiviert. Beim Güterverkehr hat das Schienennetz demnach eine Streckenlänge von derzeit rund 38.500 km – gut 6000 Kilometer weniger als im Bahnreform-Jahr 1994. 

Gleichwohl zeigen sich VDV und Allianz pro Schiene mit Blick auf die Reaktivierung optimistisch. Nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung sondern auch politisch gibt es demnach großen Zuspruch. Außerdem habe die Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, die unter anderem zusätzliche Mittel des Bundes für den Öffentlichen Personennahverkehr beinhaltet und die der Bundestag Ende Januar beschlossen hatte, die Rahmenbedingungen „erheblich verbessert“, erklärte Boße.

Diese positive Entwicklung führe „zu umfangreichen Aktivitäten auf kommunaler und Landesebene“, fügte er hinzu. „Wir rechnen damit, dass dadurch die Wiederbelebung stillgelegter Strecken in den kommenden Jahren erheblich an Fahrt aufnimmt.“ 

Die Bundesregierung will bis 2030 die Fahrgastzahlen auf der Schiene verdoppeln und den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf 25 Prozent erhöhen. „Dies wird nur funktionieren mit einem konsequenten Ausbau der Infrastruktur“, erklärte Flege. 

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