Mundschutz: Eine „zumutbare Zumutung“ oder ein verzichtbares Accessoire?

Mundschutz - Bild: Drazen Zigic / shutterstock.com
Mundschutz - Bild: Drazen Zigic / shutterstock.com

Ob Blümchenmodell, gepunktet oder in schlichtem OP-Grün: Neben den Hygiene- und Abstandsregeln zählt der Mund-Nasen-Schutz zu den wichtigen Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie. Der Vorstoß aus Mecklenburg-Vorpommern zur Abschaffung der Maskenpflicht in Geschäften hat nun eine neue Debatte entfacht. Wie sinnvoll sind die Masken? Ein Überblick:

WAS SPRICHT FÜR GESICHTSMASKEN?

Sogenannte Alltags- oder Communitymasken verringern vor allem das Risiko, andere Menschen anzustecken. Beim Husten, Niesen oder Sprechen werden dann weniger Viren mit den Tröpfchen oder den noch feineren Aerosolwolken ausgestoßen. Eine Maske kann solche Tröpfchen zum Teil abfangen, abhängig von der Art des Stoffes. Allerdings können Partikel beispielsweise seitlich hinein- oder hinausgelangen.

Das Robert-Koch-Institut (RKI), das am Anfang der Krise solchen Masken skeptisch gegenüberstand, empfiehlt das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung als „zusätzlichen Baustein“, um die Covid-19-Ausbreitung zu verlangsamen. Ein Mindestabstand von anderthalb Metern und die Hygieneregeln wie regelmäßiges Händewaschen stehen für das RKI und andere Gesundheitsbehörden aber weiter an erster Stelle.

IST DIE SCHUTZWIRKUNG WISSENSCHAFTLICH BELEGT?

Dem RKI zufolge gibt es bislang keine eindeutigen Belege, ein sogenannter Fremdschutz durch Masken sei aber „plausibel“. Tatsächlich wurde die Wirksamkeit der Mund-Nasen-Bedeckung inzwischen in mehreren Studien bestätigt. Auf Basis der Infektionszahlen im thüringischen Jena, das als erste Großstadt bereits Anfang April eine Maskenpflicht einführte, und vergleichbarer Städte fanden Forscher der Universität Mainz heraus, dass die Maskenpflicht zu einer langsameren Corona-Ausbreitung beigetragen hat. Hongkonger Forscher wiesen in einer Studie mit Hamstern nach, dass sich die Übertragungsrate durch OP-Masken um mehr als 60 Prozent reduziert.

SCHÜTZEN MASKEN AUCH DEN TRÄGER?

Dafür gibt es laut RKI keine Hinweise. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hält einen Selbstschutzeffekt aber für wahrscheinlich. Jede Verringerung der Schwellendosis, die nötig sei, um eine Infektion auszulösen, sei „von Vorteil“.  

WIE BEWEGEN SICH DIE ERREGER IN DER LUFT?

Lungenexperten zufolge fliegen Viren wie Influenza oder Corona nicht vereinzelt in der Luft herum, sondern sind immer in größere Tröpfchen eingeschlossen und bewegen sich in Form eines Aerosols. In einem Atemzug können tausend bis 50.000 Tröpfchen enthalten sein. Dem Forscher Martin Kriegel von der TU Berlin zufolge stößt der Menschen vor allem beim Niesen sehr große Partikel aus, während beim Sprechen und Husten fast ausschließlich kleine Aerosole in die Luft gelangen.

Bei einer Tröpfcheninfektion gelangen die Viruspartikel direkt auf die Schleimhäute eines anderen Menschen. Die Viren können aber auch – gebunden in kleinsten flüssigen Partikeln – in die Atemwege gelangen. Größere Partikel sinken schneller zu Boden, kleinere folgen dem Luftstrom und können lange in der Luft verbleiben.

MASKEN SELBST SIND NICHT UNUMSTRITTEN – WARUM?

Einige Experten befürchten, dass sich die Menschen durch eine Mund-Nase-Bedeckung womöglich zu sicher fühlen und die Husten-, Nies- und Abstandsregeln vernachlässigen. So warnte RKI-Präsident Lothar Wieler wiederholt davor, sich durch das Tragen von einfachen Schutzmasken in einer „falschen Sicherheit“ vor dem Coronavirus zu wiegen. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfahl nach langem Zögern Schutzmasken, wenn Abstandhalten schwierig ist – warnte aber zugleich vor einem trügerischen Sicherheitsgefühl. Zudem kann die Maske bei falscher Handhabung selbst eine Infektionsquelle sein.

WARUM WIRD NUN EIN TEILWEISES ENDE DER MASKENPFLICHT DISKUTIERT?

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) verweist auf die geringen Infektionszahlen in seinem Bundesland. Auch andere Länder wie Sachsen wollen ein Ende der Maskenpflicht in Geschäften prüfen. Tatsächlich ist der Einzelhandel nach dem Corona-Lockdown noch nicht wieder voll in Schwung gekommen. Vielen Menschen verdirbt die Maske das Einkaufsvergnügen. Zahlreiche Politiker wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) oder CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hielten ein Ende der Maskenpflicht für ein „falsches Signal“, SPD-Chef Norbert Walter-Borjans spricht von einer „zumutbaren Zumutung“.

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