Ein schwer bewaffneter Mann hat im westukrainischen Luzk etwa 20 Menschen in einem Bus als Geiseln genommen. Der Mann habe Sprengsätze und Waffen bei sich, teilte die Polizei am Dienstag mit. Er habe unter anderem eine Granate aus dem Bus geschleudert, die jedoch nicht explodierte. Verletzt wurde zunächst niemand. Nach Angaben der Polizei saß der Mann zehn Jahre im Gefängnis und war wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung.
Die Polizei riegelte das Zentrum der 200.000-Einwohner-Stadt ab und forderte die Bewohner auf, nicht auf die Straße zu gehen. Laut Staatsanwaltschaft gab der Geiselnehmer an, einen weiteren Sprengsatz in Luzk deponiert zu haben, den er jederzeit per Fernbedienung auslösen könne.
Nach Angaben des stellvertretenden Innenministers Anton Geraschtschenko nahm der Geiselnehmer Kontakt mit der Polizei auf und stellte sich als Maksym Plochoi vor. Das Innenministerium will den Mann aber als Maksym Krywosch, einen 44-Jährigen aus dem russischen Orenburg, identifiziert haben. Krywosch hat nach Angaben der Polizei wegen verschiedener Delikte rund zehn Jahre im Gefängnis gesessen.
„Wir verhandeln. Wir hoffen, die Lage auf dem Verhandlungsweg lösen zu können“, sagte Geraschtschenko. Er wies zugleich auf „den komplexen Geisteszustand“ des Geiselnehmers hin.
Bilder der örtlichen Medien zeigten einen Bus mit zwei beschädigten Scheiben und zugezogenen Vorhängen. Um ihn herum standen schwerbewaffnete Beamte. Laut Polizei handelte es sich dabei um Einsatzkräfte des Inlandsgeheimdienstes.
In auf Online-Netzwerken veröffentlichten Botschaften erklärte der mutmaßliche Geiselnehmer, er sei mit Waffen und Sprengsätzen ausgerüstet. Er gab an, gegen das „System“ zu sein. Die Polizei hielt die Botschaften für authentisch. Ein von ihr im Internet veröffentlichtes Video zeigt zudem einen mit einem Schnellfeuergewehr bewaffneten Mann, bei dem es sich um den Geiselnehmer vor seiner Tat handeln könnte. Der Kurzbotschaftendienst Twitter löschte ein Nutzerkonto des Mannes.
Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von „beunruhigenden Nachrichten aus Luzk“. Es werde alles unternommen, die Situation gewaltlos zu lösen, erklärte er auf Facebook. Innenminister Arsen Awakow reiste nach Angaben seines Ministeriums in die rund 400 Kilometer von Kiew entfernte Stadt.
In der Ukraine sind illegale Waffen weit verbreitet. Durch den seit sechs Jahren anhaltenden Ostukraine-Konflikt zwischen Kiew und pro-russischen Separatisten hat sich das Problem noch verschärft. Im Jahr 2017 hatte ein bewaffneter Mann elf Menschen in einem Postamt der im Osten gelegenen Stadt Charkiw festgehalten, bis diese von der Polizei gewaltsam befreit wurden.