Spahn: „Wir müssen verhindern, dass Reiserückkehrer unbemerkt andere anstecken“

Jens Spahn - Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke/Pool

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will eine Corona-Testpflicht für Reisende aus Risikogebieten anordnen. „Wir müssen verhindern, dass Reiserückkehrer unbemerkt andere anstecken und so neue Infektionsketten auslösen“, sagte Spahn nach einer Telefonkonferenz mit seinen Amtskollegen aus den Ländern. Spahn hatte nach einem neuerlichen Anstieg der Infektionszahlen am Wochenende eine rechtliche Prüfung der Frage angekündigt, ob die Testpflicht auf der Grundlage der bestehenden Gesetze machbar ist.

Aus den Reihen der Landesgesundheitsminister waren zuvor Zweifel geäußert worden, dass verpflichtende Tests auf Grundlage geltender Bestimmungen möglich sind. Spahn ist nun zu der Auffassung gekommen, dass die Pflicht aufgrund des Gesetzes zu einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite eingeführt werden kann. „Das dient dem Schutz aller Bürgerinnen und Bürger“, sagte er laut Gesundheitsministerium. Spahn berief sich auf Paragraf 5, Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes.

Die Pflicht soll dem Ministerium zufolge voraussichtlich ab kommender Woche gelten. Die Tests sollen dabei für die Reisenden kostenfrei sein. Betroffen sind Reisende aus den knapp 140 Ländern, die das Robert-Koch-Institut als Risikogebiete ausgewiesen hat.

Eine generelle Testpflicht für alle Rückkehrer unabhängig vom Reiseland sei nicht möglich, sagte Spahn in den ARD-Tagesthemen. Auch wenn „nahezu alle Länder außerhalb der EU“ Risikogebiete seien, müsse bei den Maßnahmen auf „Verhältnismäßigkeit“ geachtet werden. 

Ein Test sei am Ende „ein Eingriff in die Persönlichkeit“ und der müsse gerechtfertigt sein, sagte Spahn. Die rechtliche Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlaube solche Kontrollen nur für Einreisende aus Risikogebieten. Deshalb werde jeden Tag aufs Neue geschaut, „welche Gebiete wir zu Risikogebieten erklären“, sagte Spahn.

Zuvor hatte auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) eine „schnelle Lösung“ in der Frage der Tests für Reiserückkehrer angemahnt. „Wenn es machbar ist, sollten wir dringend über die Pflicht zur Testung diskutieren“, sagte er am Nachmittag in Berlin. Braun hatte allerdings auch auf rechtliche Hürden hingewiesen.

Die Testpflicht müsse „unbedingt“ und „so schnell wie möglich“ kommen, hatte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verlangt. Sobald das rechtliche Okay der Bundesregierung da sei, werde Bayern an den Flughäfen Rückkehrer aus Risikogebieten verpflichtend testen, kündigte Söder in München an. 

Bayern will demnach auch generell seine Teststrategie für Reiserückkehrer massiv auswerten. So solle es an Autobahnen in der Nähe der Grenzübergänge von Österreich sowie an den Hauptbahnhöfen in München und Nürnberg Stationen für Corona-Tests geben. Söder sagte, er mache sich „große Sorgen“ wegen der Rückkehrer aus dem Urlaub in Verbindung mit zu großer Sorglosigkeit.

Ebenfalls für verpflichtende Tests sprach sich im NDR Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) aus. „Politisch halte ich eine Verpflichtung für richtig“, sagte auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu Rückkehrern aus Risikogebieten. Bereits jetzt sind diese verpflichtet, sich für zwei Wochen in Quarantäne zu begeben, solange sie kein negatives Testergebnis vorweisen können.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer begrüßte ebenfalls die angekündigte Testpflicht, allerdings komme diese „definitiv um Wochen zu spät“. 

„Es ist gut, wenn der Bundesgesundheitsminister jetzt die Reißleine zieht. Der Schutz vor dem Virus verlangt entschlossenes Handeln“, erklärte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch.

Dagegen warnte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Ute Teichert, in den Zeitungen der Funke Mediengruppe, einmalige Pflichttest könnten „zu falscher Sorglosigkeit führen“, da eine Ansteckung „zum Beispiel bei der Abschiedsparty am Strand“ so nicht nachgewiesen werde.

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