Umfragenkönig Markus Söder lädt die Kanzlerin ins deutsche Versailles ein

Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters
Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters

Die Wettervorhersage verspricht Kaiserwetter, das Rahmenprogramm barocke Pracht: Im Schiff wird Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den Chiemsee gleiten. Vom Schiff steigen beide in eine prächtige Kutsche, die gestriegelte Pferde vor das auch als deutsches Versailles bezeichnete Schloss Herrenchiemsee ziehen werden.

Es ist eigentlich ein politischer Arbeitstermin von Söder und Merkel. Doch der Zeitpunkt und vor allem auch der Ort dürften zumindest bei den aus Nordrhein-Westfalen stammenden Bewerbern um den CDU-Vorsitz – Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen – Fragen nach dem wahren Hintergrund aufwerfen. Will Merkel womöglich mit solch einem prominenten Termin einen Fingerzeig geben, wen sie für den geeigneten Kanzlerkandidaten der Union hält?

Zumindest gibt sie mit ihrem Besuch, der offiziell zum Austausch mit dem bayerischen Kabinett über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft gedacht ist, Söder eine gute Gelegenheit zur PR in eigener Sache: König Ludwig II. von Bayern ließ das Neue Schloss Herrenchiemsee nach dem Vorbild des Prachtbaus im französischen Versailles errichten. Mit der Lage in dem auch als bayerisches Meer bezeichneten Chiemsee und den Alpen in Sichtweite gibt es kaum einen schöneren Ort in Bayern.

Die Bilder von diesem Besuch dürften auch in den kommenden Monaten immer wieder genutzt werden, wenn die längst in Fahrt gekommene Debatte um die Kanzlerkandidatur der Union diskutiert wird. Söder hat bisher noch gar kein Interesse daran signalisiert. Aber er empfängt Merkel als Umfragenkönig am Schloss – in allen Fragen nach dem Wunsch-Kanzlerkandidaten dominiert der Bayer deutlich. Sollte das so bleiben, wird immer fraglicher, ob er sich der Meinung der Bevölkerung entziehen kann.

Söder selbst setzt derzeit auf Zeit und Ruhe. Fragen nach einem etwaigen eigenen Interesse wird er auch am Chiemsee mit seiner typisch gewordenen Antwort, er wolle in Bayern bleiben, beantworten. Merkel wiederum wird sich auf keinen Fall festlegen, wer ihr Wunschnachfolger ist. 

Aber dafür füllt sie zusammen mit Söder gerne die Macherrolle in der Corona-Krise aus. Mit seinen Forderungen nach Umsicht und Zurückhaltung befand sich Söder in den vergangenen Monaten stets konsequenter auf Linie der Kanzlerin als die meisten anderen Ministerpräsidenten.

Eine ausschließlich ungetrübte Stimmung wird es allerdings trotz aller Inszenierung am Dienstag nicht geben. So haben Landwirte angekündigt, mit einer Trecker-Demonstration an der Zufahrt zum Schiffsanleger zu protestieren. 

Bei Youtube veröffentlichte der Verein Landwirtschaft verbindet Bayern einen Protestaufruf, der die gemeinsame Schifffahrt von Merkel und Söder schon mal vorweg nahm. Auf dem Clip sitzt ein Bauer im Schlauchboot auf dem Chiemsee und wird zu dramatischer Musik von zwei Menschen mit Merkel- und Söder-Maske zum Kentern gebracht. Dazu steht dort der Slogan: „Die Bauern rudern, aber die Regierung bringt die Landwirtschaft zum Untergang.“

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