Der „Welt“-Journalist Deniz Yücel ist in der Türkei wegen des Vorwurfs der „Terrorpropaganda“ zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstag. Das umstrittene Verfahren, das in Abwesenheit von Yücel stattfand, hatte die deutsch-türkischen Beziehungen schwer belastet.
Die Staatsanwaltschaft in Istanbul hatte bis zu 15 Jahre und drei Monate Haft gegen Yücel wegen „Volksverhetzung“ und „Terrorpropaganda“ gefordert. Der Journalist arbeitete als Auslandskorrespondent für die „Welt“ in der Türkei, bis er am 14. Februar 2017 wegen seiner Artikel festgenommen wurde. Die Vorwürfe gegen ihn bezogen sich unter anderem auf ein Interview Yücels mit einem Anführer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Die Bundesregierung und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werteten das Verfahren gegen Yücel als politisch motiviert und setzten sich für seine Freilassung ein. Yücel kam erst nach einem Jahr in Untersuchungshaft im Februar 2018 frei, er verließ daraufhin sofort die Türkei.
Der Fall hatte das deutsch-türkische Verhältnis massiv belastet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte Yücels Inhaftierung einen „Skandal“. Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete Yücel als eine „Geisel“ des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der islamisch-konservative Staatschef hatte Yücel öffentlich einen „deutschen Agenten“ genannt. Im Sommer 2019 entschied aber das türkische Verfassungsgericht, dass Yücels Inhaftierung rechtswidrig gewesen war.
Yücel lebt in Deutschland und war dem Prozess ferngeblieben. Seit seiner Freilassung ist der Journalist nicht mehr in der Türkei gewesen.