Ab Samstag lebt die Menschheit ökologisch gesehen „auf Kredit“

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Symbolbild: Bild von der Erde aus dem Weltall

Die Menschheit strapaziert die Belastungsgrenzen der Erde immer mehr. Am Samstag hat sie laut Berechnungen von Forschern bereits sämtliche Ressourcen aufgebraucht, die der Planet in diesem Jahr auf natürlichem Wege ersetzen könnte. Allerdings machte sich die globale Corona-Krise bemerkbar. Ohne den Einbruch von Wirtschaft und öffentlichem Leben wäre der sogenannte Erdüberlastungs- oder Welterschöpfungstags dieses Jahr schon auf den 22. Juli gefallen: 

WAS PASSIERT AM ERDÜBERLASTUNGSTAG?

Experten berechnen, ab wann die Menschheit für ihre Aktivitäten mehr Ressourcen in Anspruch nimmt, als ökologischen Kreisläufe binnen einem Jahr regenerieren können. Das dahinter stehende Konzept nennt sich ökologischer Fußabdruck. Der Tag, an dem der menschliche Verbrauch die Pufferkapazitäten der Erde übertrifft, heißt Erdüberlastungstag oder auf englisch Earth Overshoot Day.

Das Konzept und die Daten stammen vom Global Footprint Network (GFN), einer 2003 von Experten gegründeten international tätigen Nachhaltigkeitsorganisation mit Sitz in den USA. Sie will das oft recht abstrakte Thema der systematischen Umweltzerstörung und -überlastung greifbarer machen und damit Veränderungen anstoßen.

WIE WIRD DIE ÜBERLASTUNG BERECHNET?

Die Idee ist, natürliche Bereitstellungskapazitäten der Erde und den Ressourcenverbrauch der Menschheit nach dem Vorbild eines unternehmerischen „Buchhaltungssystems“ zu erfassen. Es soll eine belastbare Aussage darüber getroffen werden, wann unser „Konto“ nicht mehr gedeckt ist. Dabei wird in einem komplexen Verfahren die Produktivität eines standardisierten sogenannten globalen Hektars ermittelt. Diese wird in Beziehung zur Nachfrage gesetzt. 

Zusätzlich wird die Methode für einzelne Länder berechnet, weil deren Ressourcenverbrauch stark variiert. Betrachtet wird dabei immer auf der einen Seite, wie viele biologisch aktiven Flächen zur Verfügung stehen. Dann wird gegengerechnet, wie viel Platz die Menschheit oder Bürger zur Erzeugung ihrer Nahrung, für Siedlungen und wirtschaftliche Aktivitäten in Anspruch nehmen.

Einbezogen wird zusätzlich jedoch auch, wie viel Fläche benötigt würde, um das von der Menschheit dabei erzeugte Treibhausgas CO2 auf natürliche Weise in Wäldern zu binden. Das ist letztlich ein mitentscheidender Faktor. Laut GFN entfallen rund 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit allein auf Treibhausgase.

WIE ERNST IST DIE LAGE?

Der Erdüberlastungstag verlagerte sich in den vergangenen 20 Jahren nahezu kontinuierlich weiter nach vorn. Das heißt, der Bedarf der Menschheit übersteigt die Kapazitäten der Erde immer mehr. Im Jahr 2000 fiel das Datum noch auf den 23. September, 2009 auf den 18. August und im vergangenen Jahr bereits auf den 29. Juli. In diesem Jahr sorgen die Folgen von Corona-Pandemie und Lockdown für einen Sondereffekt: Das eigentlich bereits für den 22. Juli erwartete symbolträchtige Datum verzögert sich bis zum 22. August.

Entwarnung bedeutet das allerdings nicht. Nach Angaben des GFN heißt das, dass die Menschheit die natürlichen Puffer der Erde so belastet, als wenn ihr 1,6 Planeten zur Verfügung stünden – oder anders ausgedrückt mehr als eine halbe zusätzliche Erde. Allein für die eigene Nahrungsmittelversorgung beansprucht sie demnach bereits mehr als die Hälfte der gesamten irdischen Biokapazität. 

Die Folge dieser ständigen Überlastung der globalen Puffer- und Regenerationsfähigkeiten führt den Umweltschützern zufolge etwa zu Entwaldung, Bodenerosion und Klimawandel. Da dadurch zugleich immer mehr biologisch nutzbare Fläche zerstört wird, lebt die Menschheit nach Art eines betrügerischen Schneeballsystems quasi „auf Kredit“, was nach deren Überzeugung nicht dauerhaft gut geht.

Der globale Wert ist dabei außerdem nur ein Durchschnitt, der das wahre Ausmaß des Ressourcenverbrauchs in Teilen der heutigen Welt eher verschleiert. Reiche Industriestaaten wie Deutschland haben einen drastisch größeren ökologischen Fußabdruck. Würden alle Menschen leben wie die Deutschen, wären laut GFN drei Erden für eine nachhaltige Bedarfsdeckung erforderlich. Nur drei Länder liegen noch vor Deutschland – die USA, Australien und Russland.

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