Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, hat das Auslaufen des Rettungsschiffs „Sea Watch 4“ zu seinem ersten Einsatz im Mittelmeer begrüßt. Der Bischof bezeichnete es am Samstagabend im ZDF jedoch zugleich als „skandalös“, dass „die EU seit Jahren zuschaut, wie an den Grenzen Europas Menschen ertrinken“.
Er kritisierte auch die Zusammenarbeit der europäischen Regierungen mit der libyschen Küstenwache, der immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Es sei zwar gut, „dass wenigstens die zivilen Seenotretter da sind, doch „eigentlich ist das staatliche Aufgabe“.
„Ich bin dankbar, dass das Engagement so vieler Menschen dazu geführt hat, dass dieses Rettungsschiff heute in See sticht“, sagte Bedford-Strohm in einer Video-Botschaft an die Besatzung und ihre Unterstützer. Die evangelische Kirche hat die Mission mit initiiert und unterstützt sie massiv.
Aufgabe des Schiffes ist es, Flüchtlinge vor allem in den Gewässern zwischen Libyen und Italien wenn nötig aus Seenot zu retten. „Europa soll sehen, dass die Politik des Wegsehens nicht mehr tatenlos hingenommen wird“, sagte dazu Bedford-Strohm. „Der Einsatz des Schiffes ist beides: eine humanitäre Hilfsmaßnahme, aber auch ein politisches Zeichen dafür, dass wir uns weiter einmischen werden“, hob er hervor.“
Bedford-Strohm wies darauf hin, dass das Trägerbündnis United4Rescue von tausenden Menschen in mehr als 550 Organisationen unterstützt werde. „Sie alle eint die Überzeugung, dass man Menschen nicht ertrinken lassen darf. Man muss sie retten. Dazu lauft Ihr jetzt aus“, sagte er in der Video-Botschaft weiter und gab der Besatzung für ihre Mission den kirchlichen Segen.
Die „Sea Watch 4“ lief am Samstag aus dem spanischen Hafen Burriana aus. Sie ist damit nach Angaben von United4Rescue das derzeit einzige Rettungsschiff, dass im Mittelmeer im Einsatz ist – vor allem wegen der Blockade anderer Schiffe durch maltesische und italienische Behörden.
Das frühere Forschungsschiff war im Januar vom Bündnis United4Rescue mit Spendengeldern ersteigert und im Februar in Kiel auf seinen jetzigen Namen getauft worden. Nach Überführung und Umbauten musste es wegen der Corona-Pandemie mehrere Monate auf das erste Auslaufen warten. Der Einsatz wird von Sea-Watch operativ geleitet und durch Ärzte ohne Grenzen medizinisch unterstützt.
Ausgangspunkt für die Gründung des Bündnisses war eine auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2019 verabschiedete Resolution, die die EKD und ihre Gliedkirchen aufforderte, selbst ein Schiff zur Seenotrettung im Mittelmeer zu schicken. Nach gründlichen Beratungen hatten Rat und Synode der EKD beschlossen, sich dieser Aufgabe im Rahmen eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses zu stellen.