Vor dem Start der ersten Mission des von der evangelischen Kirche unterstützten Seenotrettungsschiffs „Sea Watch 4“ hat der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm dieses Engagement als zutiefst kirchliche Aufgabe eingestuft. Es gehe hier um „eine humanitäre Maßnahme, also praktische diakonische Arbeit und ein politisches Zeichen dafür, dass wir uns weiter einmischen werden“, sagte Bedford-Strohm der „Süddeutschen Zeitung“ vom Donnerstag. „Wir können Beten und Handeln nicht trennen“, hob der Bischof hervor.
Es könne nicht sein, dass viele Städte Europas angeboten haben, Flüchtlinge aufzunehmen und die Regierungen das einfach blockieren, kritisierte Bedford-Strohm. Er stellte sich damit gegen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der kürzlich dem Land Berlin die Aufnahme eines Sonderkontingents von Geflüchteten aus Griechenland untersagt hatte. „Wir werden weiter sehr intensiv darauf dringen, dass Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, aufgenommen werden können“, betonte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Dieses Engagement sei ein Handeln auf Grundlage des Glaubens, denn „der Schutz der Schwachen ist eine biblische Grundorientierung“. Dies führe auch zu politischer Einmischung: „Wie könnte ich mich da, wenn ich sehe, wie die Not des Nächsten auch politische Ursachen hat, raushalten aus der Politik?“
Auf Initiative und mit maßgeblicher Unterstützung der evangelischen Kirche hatte das Bündnis United4Rescue das frühere Forschungsschiff „Poseidon“ Anfang des Jahres ersteigert. Es soll von der Seenotrettungsorganisation Sea Watch betrieben werden und wurde daher im Februar auf den Namen „Sea Watch 4“ getauft. Nach diversen Verzögerungen, auch wegen der Corona-Pandemie, steht nun der erste Rettungseinsatz im Mittelmeer in den Gewässern vor Libyen bevor.
In der evangelischen Kirche stieß das Engagement auch auf Kritik. Bedford-Strohm wies jedoch darauf hin, dass es auch sehr viel Zuspruch gebe, gerade von jüngeren Menschen, die deswegen ihr Kirchenbild korrigiert hätten. „Die Kirche muss agil sein, sie muss auch mal etwas riskieren und noch viel mehr mit Menschen zusammenarbeiten, die nicht zum Kernbereich der Kirche gehören“, sagte der Bischof.