Nach den tödlichen Schüssen am Rande von Protesten in der US-Stadt Portland hat der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden US-Präsident Donald Trump eine Mitschuld an der Gewalt gegeben. „Er ermutigt rücksichtslos zu Gewalt“, erklärte Biden am Sonntag. Inzwischen wurde bekannt, dass der am Samstag erschossene Mann offenbar einer ultrarechten Gruppierung angehörte. Am Sonntagabend versammelten sich erneut rund 150 Anti-Rassismus-Demonstranten vor einem Polizeigebäude in Portland.
Der Mann war am Samstagabend am Rande einer Anti-Rassismus-Demonstration in Portland im Bundesstaat Oregon erschossen worden. Mehrere hundert Fahrzeuge von Trump-Anhängern waren in einem Autokorso durch die Stadt gefahren. Sie fuhren auch durch die Innenstadt, wo es zu Auseinandersetzungen mit Black-Lives-Matter-Demonstranten kam. Auf Amateuraufnahmen war zu sehen, dass mindestens ein Trump-Anhänger mit einem Paintball-Gewehr auf die Demonstranten schoss. Auch Pfefferspray wurde versprüht. Trump teilte ein Video des Autokorsos bei Twitter und kommentierte es mit den Worten „Großartige Patrioten!“.
Ob ein Zusammenhang zwischen den Zusammenstößen der Demonstranten und dem Todesfall besteht, war zunächst unklar. Die Polizei leitete Mordermittlungen ein. Auf Fotoaufnahmen war zu sehen, dass das Opfer einen Hut mit dem Logo der Gruppe „Patriot Prayer“ trug. Örtlichen Medien zufolge handelt es sich dabei um eine ultrarechte Gruppe, die an mehreren gewaltsamen Demonstrationen in Portland beteiligt war.
Am Sonntagabend versammelten sich erneut rund 150 Anti-Rassismus-Demonstranten vor einem Polizeigebäude im Stadtzentrum von Portland, schwenkten Plakate und warfen teilweise mit Gegenständen. Die Polizei rief die Menschen im Onlinedienst Twitter auf, die illegale Versammlung zu beenden und drohte mit Festnahmen und dem Einsatz von Tränengas. Auf im Internet verbreiteten Videos war zu sehen, wie rund 20 Polizisten die Demonstration auflösten und einige Protestierenden festnahmen.
Die Gewalt im Zusammenhang mit den Anti-Rassismus-Protesten ist zu einem zentralen Wahlkampfthema geworden. Joe Biden warf Trump vor, zur Eskalation der Proteste beigetragen zu haben. „Er glaubt vielleicht, dass das Twittern über Recht und Ordnung ihn stark macht – aber sein Versäumnis, seine Anhänger aufzufordern, keine Auseinandersetzungen mehr zu suchen, zeigt, wie schwach er ist.“ Laut Bidens Wahlkampfbüro will der Päsidentschaftskandidat am Montag eine Rede zum Thema „Sind Sie in Donald Trumps Amerika sicher?“ halten.
Trump hatte den demokratischen Bürgermeister von Portland, Ted Wheeler, nach dem tödlichen Vorfall am Samstag scharf kritisiert. Die Probleme könnten „innerhalb von weniger als einer Stunde gelöst sein“, wenn die Nationalgarde eingreifen würde, twitterte Trump. Dies lehnt Wheeler jedoch ab.
Der Bürgermeister setzte sich auf einer Pressekonferenz am Sonntag zur Wehr. „Wundern Sie sich ernsthaft, Herr Präsident, warum Amerika das erste Mal seit Jahrzehnten dieses Ausmaß an Gewalt erlebt?“, fragte Wheeler. „Sie waren es, der den Hass und die Spaltung erzeugt hat.“
Seit dem Tod des Schwarzen George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minnesota Ende Mai hat sich die Westküstenmetropole Portland zu einem Zentrum der landesweiten Black-Lives-Matter-Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt entwickelt. Die Stadt war auch Schauplatz eines umstrittenen Einsatzes der Bundespolizei, den Trump ungeachtet der Proteste der demokratischen Stadtregierung durchgesetzt hatte.
Zuletzt waren die Proteste durch die Schüsse eines weißen Polizisten in den Rücken des schwarzen Familienvaters Jacob Blake erneut angefacht worden. In der Stadt Kenosha im Bundesstaat Wisconsin kam es daraufhin zu heftigen Protesten, an deren Rande am vergangenen Dienstag zwei Menschen erschossen wurden. Danach wurde ein 17-jähriger Weißer festgenommen und wegen Mordes angeklagt, der womöglich einer bewaffneten Gruppierung angehört, die Gebäude und Geschäfte vor den Demonstranten „beschützen“ wollte.