Im brasilianischen Amazonas-Gebiet ist im Juli nach offiziellen Angaben weniger Regenwald abgeholzt worden als noch vor einem Jahr. Wie die brasilianische Regierung am Freitag mitteilte, wurden im Juli gut 1600 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt – damit wurde eine Fläche von der Größe Londons zerstört. Im Juli 2019 waren noch 2250 Quadratkilometer vernichtet worden. Damit habe die Regierung eine „Trendwende“ erreicht, sagte Vizepräsident Hamilton Mourão.
Längerfristige Zahlen zeigen allerdings eine zunehmende Zerstörung: Von Januar bis Juli wurden insgesamt 4730 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt, wie das brasilianische Weltrauminstitut (Inpe) mitteilte. Im ersten Halbjahr 2019 waren noch 4700 Quadratkilometer vernichtet worden. Auf ein ganzes Jahr gerechnet ist der Unterschied sogar noch größer: Von August 2019 bis Juli 2020 wurden 9200 Quadratkilometer Regenwald zerstört – deutlich mehr als in den zwölf Monaten zuvor, als 6800 Quadratkilometer abgeholzt wurden.
Umweltschützer warnen schon länger, dass 2020 das zerstörerischste Jahr für den größten Regenwald der Erde werden könnte. Sie machen dafür direkt die Politik des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro verantwortlich. Bolsonaro hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, das Amazonas-Gebiet stärker wirtschaftlich zu erschließen. Internationale Proteste ließen den rechtsradikalen Präsidenten bisher unbeeindruckt: Er öffnete immer wieder Schutzgebiete für Landwirtschaft und Bergbau.
Inzwischen ist die brasilianische Regierung aber massiv unter Druck geraten: Ende Juni hatten Investmentfonds aus Europa, Asien und Südamerika, die zusammen ein Vermögen von fast vier Billionen Dollar (3,5 Billionen Euro) verwalten, Bolsonaro in einem offenen Brief aufgefordert, die Zerstörung des Regenwaldes zu stoppen. Andernfalls würden sie ihr Geld aus Brasilien abziehen. Vizepräsident Mourão kündigte daraufhin an, die Abholzung und die Brände im Amazonas-Gebiet „auf ein akzeptables Minimum“ zu reduzieren.