Bei ihren Ermittlungen gegen Banker und Aktienhändler wegen milliardenschwerer Cum-Ex-Geschäfte hat die Staatsanwaltschaft Köln am Dienstag Büros des Bankenverbandes durchsuchen lassen. Die Ermittler fahndeten nach Belegen für den Vorwurf, Banken und Finanzberater hätten Einfluss auf Gesetzestexte und Schreiben des Finanzministeriums vor dem Jahr 2010 genommen, um die Cum-Ex-Geschäfte weiter zu ermöglichen, berichteten WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“. Durch diese Geschäfte entgingen dem Fiskus Milliarden.
Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte die Durchsuchung. Sie solle zur Auffindung von Beweismitteln dienen, die für die Fortführung der Ermittlungen und die weitere Aufhellung des komplexen Sachverhalts von Bedeutung sein können, teilte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer mit. Mit Blick auf die laufende Aktion und vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses würden aber keine Namen genannt.
Der Bundesverband Deutscher Banken, Interessenvertretung der Geschäftsbanken in Berlin, betonte wie auch die Staatsanwaltschaft, die Durchsuchung der Büros in Berlin und Frankfurt am Main richte sich nicht gegen Verantwortliche oder Mitarbeiter des Verbandes. „Wir kooperieren vollumfassend mit den Behörden.“
Mit Cum-Ex-Geschäften wird das Verschieben von Aktien rund um einen Dividenden-Stichtag herum bezeichnet, um sich so eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach vom Fiskus erstatten zu lassen. Dadurch sind der öffentlichen Hand in der Vergangenheit Steuergelder in Milliardenhöhe entgangen. Die Bundesregierung schob der Praxis 2012 einen Riegel vor.
Einige der Fälle von damals landeten bereits vor Gericht. In einem Verfahren gab es bereits ein Urteil, das aber noch nicht rechtskräftig ist. Das Landgericht Bonn verurteilte im März zwei britische Staatsangehörige wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe zur Steuerhinterziehung; ihre Freiheitsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten sowie einem Jahr wurden zur Bewährung ausgesetzt.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte als strafbar zu werten seien. Damit wurde dies erstmals gerichtlich festgestellt. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt aktuell „gegen eine Vielzahl von Beschuldigten“.
Der Vizefraktionschef der Linken im Bundestag, Fabio De Masi, erklärte, nicht nur die Cum-Ex-Steuergeschäfte seien kriminell gewesen: „Es war ebenso kriminell, das Cum-Ex-Schlupfloch über ein Jahrzehnt offen zu halten und es unter dem Einfluss der Banken-Lobby zu erweitern.“
Dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss des Bundestags seien 2016 und 2017 wichtige Unterlagen zum Lobbying verweigert worden, erklärte De Masi. „Jetzt besteht Dank mutiger Richter die Chance, Einsicht zu nehmen“, erklärte De Masi. Die Akte Cum-Ex müsse wieder geöffnet werden. Auch die politisch Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte er.
Die Bürgerbewegung Finanzwende übte Kritik auch direkt am Bankenverband, der eine „wichtige Rolle beim größten Steuerraub Deutschlands“ spiele. Der Verband habe das Bundesfinanzministerium „viel zu spät“ über Cum-Ex-Geschäfte informiert und dann einen Formulierungsvorschlag eingereicht, der fast Wort für Wort vom Ministerium 2007 in einem Gesetz übernommen worden sei, erklärte der Referenten für Finanzkriminalität der Bürgerbewegung Finanzwende, Konrad Duffy.
Die Cum-Ex-Geschäfte seien mit dieser Gesetzesänderung jedoch nicht beendet worden, vielmehr hätten die „kriminellen Geschäfte mit einem Milliardenschaden für die Steuerzahler“ massiv zugenommen. „Dafür hat sich der Verband weder öffentlich entschuldigt, noch eine Erklärung dazu abgegeben.“