Dem nach zwei Rettungsaktionen im Mittelmeer völlig überladenen Rettungsschiff „Louise Michel“ sind am Samstag die italienische Küstenwache und das deutsche Rettungsschiff „Sea-Watch 4“ zu Hilfe gekommen. Die Küstenwache nahm zunächst 49 besonders geschwächte Flüchtlinge von der „Louise Michel“ auf, bevor am Abend die „Sea-Watch 4“ rund 150 weitere Gerettete übernahm.
„Angesichts der gefährlichen Situation“ sei ein Patrouillenboot von der Insel Lampedusa zur „Louise Michel“ entsandt worden, teilte die Küstenwache mit. Die Besatzung der von der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch betriebenen „Louise Michel“ hatte am Donnerstag und Freitag insgesamt 219 Menschen aus seeuntauglichen Booten gerettet. An Bord waren laut der Besatzung des unter deutscher Flagge fahrenden Schiffs zuletzt ein Toter und mehrere Menschen, die Verbrennungen durch Treibstoff erlitten hatten.
Am Samstag setzte die zehnköpfige Besatzung einen Notruf ab. „Wir brauchen sofort Hilfe“, schrieb die Crew im Onlinedienst Twitter. Demnach war das 31 Meter lange Schiff so stark überladen, dass es manövrierunfähig war. 33 Menschen mussten demnach in einer an dem Schiff befestigten Rettungsinsel ausharren.
Die italienische Küstenwache nahm nach eigenen Angaben jene 49 Flüchtlinge auf ihr Patrouillenboot auf, die „am stärksten geschwächt“ waren. Es handelte sich demnach um 32 Frauen, 13 Kinder und vier Männer.
Es sei „großartig“, dass die Küstenwache geholfen habe, erklärte die Besatzung der „Louise Michel“ auf Twitter. Die meisten Geretteten würden jedoch weiter warten. Die „Sea-Watch 4“ sei eingetroffen und „wird uns helfen das zu tun, wozu Europa nicht in der Lage ist“, hieß es weiter.
Laut der Hilfsorganisation Sea-Watch hatten zunächst weder die Behörden aus Italien noch aus Malta auf den Notruf der „Louise Michel“ reagiert. Private Seenotretter kündigten daraufhin an, dem Rettungsschiff zur Hilfe zu kommen.
Die „Sea Watch 4“, die selbst bereits 201 Migranten an Bord hatte, nahm Kurs auf ihr Schwesterschiff und übernahm am Abend weitere 150 Menschen von der „Louise Michel“.
„Wir haben eine Klinik an Bord der ‚Sea Watch 4‘ und werden sehen, wie wir ihnen helfen können“, hatte Hassiba Hadj-Sahraoui, die für humanitäre Angelegenheiten zuständige Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen in den Niederlanden, zuvor erklärt. Ärzte ohne Grenzen kooperiert in der Seenotrettung auf dem Mittelmeer mit der deutschen Organisation Sea-Watch.
Auch die italienische Organisation Mediterranea hatte ihr Schiff „Mare Ionio“ vom Hafen Augusta auf Sizilien aus losgeschickt, um der „Louise Michel“ zu helfen.
Die „Louise Michel“ war von dem britischen Künstler Banksy gestiftet worden. Der für seine Kritik an der europäischen Flüchtlingspolitik bekannte Graffiti-Künstler hat das Schiff nach eigenen Angaben von der französischen Marine gekauft und unter anderem mit dem Bild eines Mädchens in Rettungsweste bemalt, das einen pinken Rettungsring in Herzform hält. Benannt ist die „Louise Michel“ nach einer französischen Anarchistin aus dem 19. Jahrhundert.
Kapitänin des Schiffs ist die deutsche Aktivistin Pia Klemp. Die italienische Justiz ermittelt seit vergangenem Jahr gegen sie wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR haben sich die Versuche von Flüchtlingen, von Libyen aus das Mittelmeer zu überqueren, zwischen Januar und Juli fast verdoppelt. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen seit Jahresbeginn bereits mehr als 300 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt ums Leben.