Klein-Amazonien steht in Flammen

Symbolbild: Waldbrand
Symbolbild: Waldbrand

Erst kam die Dürre, dann das Feuer. Seit Beginn des Jahres wüten im für seine Artenvielfalt berühmten Delta des Paraná in Argentinien Brände wie nie zuvor. Tag für Tag verlieren mehr Tiere ihren Lebensraum. In den ersten sieben Monaten des Jahres zählte das naturwissenschaftliche Museum Antonio Scasso über 11.000 Feuer in der 14.000 Quadratkilometer großen Region. 530 Quadratkilometer Marschland wurden zerstört, wie auf Satellitenbildern zu sehen ist.

Die Brände bedrohen die große Artenvielfalt des Deltas. Nach Angaben der Universitäten Littoral und Rosario beheimatet das Schwemmland 700 Arten von Pflanzen und Tieren. „Die Brände haben unmittelbare und auch langfristige Folgen“, sagt Graciela Klekailo von der Universität Rosario. „Tiere sterben, viele Arten verlieren ihren Lebensraum, der Boden verarmt. Wasser und Luft werden verschmutzt und der Klimawandel angeheizt.“

Umweltminister Juan Cabandié beschuldigt die Rinderzüchter, die Feuer absichtlich gelegt zu haben und geht gerichtlich gegen sie vor. Die Viehhalter weisen dies zurück, sie sagen, die Brände schadeten auch ihnen. Sie werfen den Behörden im Gegenzug Untätigkeit vor.

Jorge Postma von der Universität Rosario sieht die extreme Dürre als Ursache. Der Paraná führt weit weniger Wasser als üblich. „Im Moment misst der Wasserpegel im Hafen von Rosario 80 Zentimeter. Üblich sind zu dieser Jahreszeit drei oder vier Meter“, sagt der Wissenschaftler.

Auch Javier Torres machen die Brände zu schaffen. „Ich habe alle meine 270 Bienenstöcke verloren“, sagt der Imker aus der Stadt Entre Ríos. „Es wird Jahre dauern, sie wieder aufzubauen – und bislang habe ich von niemandem Hilfe bekommen.“

Je nach Windrichtung hüllen die Feuer auch die Großstädte am Westufer des Flusses wie Rosario, San Lorenzo und Villa Constitución in Rauchwolken. Viele Menschen leiden deswegen unter Atembeschwerden, was besonders problematisch ist im Zusammenspiel mit der Corona-Pandemie. Die Luftverschmutzung in Rosario überschritt nach Angaben der dortigen Universität im Juni den erlaubten Grenzwert um das Fünffache.

Das Flussdelta wird in erster Linie zur Viehzucht genutzt, zieht aber auch Wilderer, Fischer und Immobilienspekulanten an. Die Umweltschutzorganisation „Hände weg vom Paraná“ kämpft deshalb darum, das Marschland unter Schutz zu stellen. Ein entsprechendes Gesetz stand bereits zweimal im Kongress zur Abstimmung, fand jedoch keine Mehrheit. „Das ist das wichtigste Feuchtgebiet in Argentinien“, betont  Umweltschützerin Laura Prol. „Wir nennen es Klein-Amazonien“.

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