Lambrecht: Fluggesellschaften dürfen Geduld der Kunden nicht überstrapazieren

Symbolbild: Flugzeuge auf dem Nürnberger Vorfeld - Foto: Flughafen Nürnberg
Symbolbild: Flugzeuge auf dem Nürnberger Vorfeld - Foto: Flughafen Nürnberg

Angesichts der wachsenden Kritik an bislang nicht erstatteten Ticketkosten für in der Corona-Krise ausgefallene Flüge hat Bundesverbraucherschutzministerin Christine Lambrecht (SPD) die Fluggesellschaften zu einer raschen Rückzahlung an die Kunden aufgefordert. „Die Verpflichtung, die Tickets sehr zügig zu erstatten, ist glasklar europarechtlich vorgeschrieben“, erklärte Lambrecht am Montag. „Dieser Pflicht müssen alle Fluggesellschaften jetzt endlich nachkommen.“

Lambrecht kritisierte, dass „hunderttausende Verbraucherinnen und Verbraucher“ immer noch auf die Erstattung ihrer Vorauszahlungen für Flüge warteten, die von den Fluggesellschaften annulliert wurden. „Viele zeigen großes Verständnis für die Lage der Fluggesellschaften, und das nun schon seit Monaten“, erklärte die Ministerin. „Aber die Airlines dürfen die Geduld der Kunden jetzt nicht überstrapazieren und ihr Vertrauen nicht aufs Spiel setzen.“

Die Fluggesellschaften müssten ihre Kunden zudem „transparent darüber informieren, wann sie die Erstattung erhalten“, forderte Lambrecht. „Erreichbarkeit und Transparenz“ seien entscheidend für das Vertrauen und Verständnis der Verbraucher. „Zudem ist wichtig, dass bei allen Stornierungen, die jetzt noch folgen, Ticket-Erstattungen automatisch und ohne weiteren Aufwand für die Kunden erfolgen“, fügte die Ministerin hinzu.

Zuletzt hatte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Klaus Müller, mehr Druck von der Bundesregierung auf die Lufthansa gefordert. Die Airline müsse bis Ende August alle Tickets für ausgefallene Flüge vollständig erstatten, sagte er den Zeitungen der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“ vom Montag. Es könne nicht sein, dass die Fluggesellschaft Hilfszahlungen in Milliardenhöhe aus Steuergeldern erhalte und trotzdem Ticketkosten bislang nicht zurückerstatte. 

Vor Probleme stellt die Lufthansa dabei vor allem die schiere Menge an ausgefallenen Flügen, nachdem der weltweite Flugverkehr wegen der Corona-Pandemie im März größtenteils zum Erliegen gekommen war. Ein Lufthansa-Sprecher verwies am Montag auf diese besondere Situation. „Ticketerstattungen sind normalerweise Einzelfälle, jetzt sind es Zehntausende am Tag“, erklärte er. Demnach wurden dieses Jahr bislang mehr als zwei Milliarden Euro an Erstattungen ausgezahlt. 

Um eine schnellere Bearbeitung der Anfragen zu ermöglichen, seien die Kapazitäten erhöht worden. „Dadurch sind Ticketerstattungen im dreistelligen Millionenbereich pro Monat möglich“, erklärte er. Anträge aus den Monaten März bis Mitte Juni seien bereits „weitestgehend“ abgearbeitet. „Weniger als eine Milliarde Euro an Erstattungen stehen noch aus.“ 

Zunächst hatte der Konzern demnach entschieden, sämtliche Erstattungen an die Kunden manuell zu bearbeiten. „Hintergrund dieser Entscheidung war, dass die automatisierten Prozesse nicht für eine solche Vielzahl von Fällen gemacht sind“, erklärte der Sprecher. 

Inzwischen setzt die Lufthansa wieder auf automatisierte Erstattungen. Trotzdem werde es „noch einige wenige Wochen dauern, die letzten offenen Erstattungen für Flüge bis Ende Juni abzuarbeiten“, erklärte der Sprecher. „Was neu hinzukommt, wird in die automatisierten Prozesse einlaufen.“ 

Grundsätzlich haben Flugreisende der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung zufolge Anspruch darauf, dass Fluglinien bei gestrichenen Flügen, die in der EU starten, den vollen Ticketpreis erstatten – und zwar innerhalb von sieben Tagen. Das gilt auch bei außergewöhnlichen Umständen wie der Corona-Pandemie. 

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