Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat einen Besuch im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aus Sicherheitsgründen zwischenzeitlich unterbrechen müssen. Wie ein Sprecher der Staatskanzlei in Düsseldorf der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag sagte, konnte Laschet seine Visite jedoch später in einem irregulären Teil des Camps in „kleinerem Kreis“ fortsetzen.
Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, dass der örtliche Polizeipräsident den Abbruch des Besuchs angeordnet hatte, nachdem etwa hundert Flüchtlinge begannen, unter „Free Moria“-Rufen am Maschendrahtzaun des Lagers zu rütteln. Die Bewohner des Flüchtlingslagers hätten den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten für den „Prime Minister of Germany“ gehalten, sagte Laschets Sprecher der Zeitung.
Laschet selbst zeigte Verständnis für die Flüchtlinge. „Es ist klar, dass die Menschen sehen, da sind Politiker aus Europa, und sie wollen ihren Aufschrei uns gegenüber formulieren.“
Der Besuch in Moria habe „eindrucksvoll gezeigt, wie dringend der Handlungsbedarf ist“, sagte Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP), der Laschet begleitet hatte, der Zeitung „Welt“. Während das Kern-Flüchtlingslager „gut gemanagt“ sei, sei die Situation im irregulären Teil „überwiegend erbärmlich“. Für die Europäische Union könne es „nicht hinnehmbar sein, dass hier ohne NGOs die Versorgung zusammenbrechen würde“.
Stamp forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen, „um zu nachhaltigen Lösungen zu kommen“. Nordrhein-Westfalen habe der „Bundesregierung Bereitschaft signalisiert, in einem weiteren Programm zusätzliche vulnerable Personen aufzunehmen“, sagte der Landesintegrationsminister weiter.
Auch die Linken-Politikerin Heike Hänsel forderte die Bundesregierung und die EU angesichts der „menschenunwürdigen Lebensbedingungen in Moria“ zum Handeln auf. „Innenminister Seehofer darf die Aufnahmeangebote einiger Bundesländer nicht länger torpedieren“, erklärte die Bundestagsabgeordnete.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Zustände in den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern seit langem als katastrophal. In der für 3000 Menschen ausgelegten Anlage Moria leben derzeit rund 17.000 Menschen. Neben dem Kern-Camp gibt es im Umfeld des Lagers eine ganze Reihe wilder Camps, die auch als „Dschungel“ bekannt sind.