Vor dem Schulstart in weiteren Bundesländern hat die Nationalakademie Leopoldina das Tragen von Masken auch im Klassenzimmer empfohlen, falls der nötige Abstand nicht eingehalten werden kann. Um Schul- und Kita-Schließungen zu vermeiden, sollten sich die Kinder und Jugendlichen nur in festen Gruppen aufhalten, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Stefanie Hubig, sieht die Bundesländer gut vorbereitet. Laut einer Umfrage halbierte sich die tägliche Lernzeit deutscher Schüler im Lockdown.
Die Leopoldina-Wissenschaftler empfehlen „kleine feste Kontaktgruppen“. Diese „epidemiologischen Gruppen“ wie Schulklassen oder Kita-Stammgruppen sollten zueinander „möglichst wenige Berührungspunkte haben“, heißt es in der fünften Stellungnahme der Akademie zur Corona-Pandemie. Schüler ab der 5. Klasse sollten einen Mund-Nase-Schutz auch innerhalb der Gruppen tragen, „wenn der notwendige Abstand nicht eingehalten werden kann“.
Für Jüngere sei es ausreichend, den Mund-Nase-Schutz nur außerhalb ihres Gruppenverbands zu tragen. Vorrangiges Ziel sei, den Zugang zu Bildungseinrichtungen so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, so die Forscher. Abhängig vom lokalen Infektionsgeschehen seien aber auch erneut partielle Schließungen möglich. Nötig sei daher „eine Verzahnung von Präsenz- und Distanzlernen“.
Der Ausbau der digitalen Lehr- und Lernmöglichkeiten sei unerlässlich, gebraucht würden „Investitionen in ein zukunftsfähiges digitales System von Fernunterricht als Ergänzung der Präsenzlehre“, heißt es in der Stellungnahme. Die Leopoldina berät als Nationale Akademie der Wissenschaften die Politik.
Derzeit wird vor allem kontrovers darüber diskutiert, ob an Schulen eine Maskenpflicht auch im Unterricht gelten soll. Dies ist in Nordrhein-Westfalen mit Beginn des neuen Schuljahres an den weiterführenden Schulen geplant.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte den Funke-Zeitungen, es sei „geradezu fahrlässig“, dass der Bund nach wie vor nicht die Erstellung „bundesweit klarer Leitlinien“ und eines verständlichen Konzepts koordiniert habe. Die Regierung müsse „schnellstmöglich“ einen Bildungsgipfel mit allen Bundesländern einberufen. Außerdem bräuchten die Schulen einen Notfallplan für eine Digitaloffensive.
Die Bundesländer bereiten sich nach Angaben der Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Hubig, auf verschiedene Szenarien vor: Auf den Regelbetrieb mit begleitenden Hygienemaßnahmen, auf einen erneuten Wechsel von Fern- und Präsenzunterricht, aber auch auf Schulschließungen, sollte das Infektionsgeschehen dies notwendig machen.
Wichtig sei, „dass ein Wechsel zwischen den unterschiedlichen Szenarien reibungslos und schnell funktioniert“, erklärte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin. Das Thema Digitalisierung bleibe zentral.
FDP-Chef Christian Lindner forderte eine „digitale Unterrichtspflicht des Staates“. Bund, Länder und Gemeinden müssten gemeinsam dafür sorgen, dass es auch bei steigenden Infektionszahlen einen verantwortbaren Schulbetrieb gebe, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“ (Donnerstagsausgabe).
Der Bundeselternrat kritisierte die unterschiedlichen Hygienekonzepte. Sein Vorsitzender Stephan Wassmuth sagte im Bayerischen Rundfunk: „Wir haben großes Bauchweh, weil es so ist, dass die Hygienemaßnahmen in jedem Bundesland anders sind, es gibt keine einheitliche Linie.“ Dass der Präsenzunterricht wieder startet, begrüßte der Bundeselternrat.
Nach einer Befragung von rund 1100 Eltern durch das Münchner ifo-Institut sank während der Corona-Schulschließungen die Zeit, die sich Schüler in Deutschland täglich mit Unterrichtsstoff befassten, von 7,4 auf 3,6 Stunden. 38 Prozent der Schüler lernten demnach höchstens zwei Stunden, 74 Prozent nicht mehr als vier Stunden pro Tag.
Zugleich stieg die Zeit, die Schulkinder während des Lockdowns täglich mit passiven Onlinebeschäftigungen wie etwa Fernsehen, Computerspielen oder Handynutzung verbrachten, von vier auf 5,2 Stunden.