Die Befunde der Ärzte der Berliner Charité gehen von einer Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny aus – und zwar mit einer „Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer“. Auf solchen Wirkstoffen basieren einige Medikamente, Insektizide, aber auch Nervengifte wie Nowitschok oder Sarin.
Acetylcholinesterase (häufig als Cholinesterase abgekürzt) ist ein für das Funktionieren des Nervensystems wichtiges Enzym. Es wird im menschlichen Körper für den Abbau von Botenstoffen eingesetzt, die Reize von Nervenzelle zu Nervenzelle weiterleiten.
Werden diese Botenstoffe nicht mehr abgebaut – etwa weil ein Hemmer verabreicht wurde, der das entsprechende Enzym unwirksam macht – kann das zu Muskelkrämpfen und anschließend zu Herz- und Atemlähmung führen.
Als Medikament werden die Hemmer hingegen eingesetzt, wenn es einen Mangel an den Botenstoffen gibt. Bei Alzheimer, wo ein Schwund an Nervenzellen das Gehirn schädigt, helfen sie beispielsweise, die „Signalstärke“ des Denkens zu verstärken, indem die Hemmer die Wirksamkeit des Enzyms auf die Botenstoffe einschränken.
Auf der Basis eines Cholinesterase-Hemmers wurde unter anderem auch das heute verbotene Insektizid E 605 hergestellt, das wegen seiner tödlichen Wirkung auch bei Morddelikten verwendet wurde. Auch Nervengifte wie Nowitschok, das 2018 in England beim Anschlag auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal eingesetzt wurde, basiert auf der Wirkung von Cholinesterase-Hemmern. Als Gegenmittel kommt Atropin zum Einsatz, womit laut Charité derzeit auch Nawalny behandelt wird.